Nach der jüngsten Serie mutmaßlich islamistischer Anschläge in Frankreich hat Innenminister Gérald Darmanin eine Überprüfung von 76 Moscheen und anderen Gebetsstätten angekündigt. Ab Donnerstag sollen die Gotteshäuser strenger kontrolliert werden, wie Darmanin mitteilte. Er sprach auf Twitter von einer “massiven und beispiellosen Aktion”. Diese wird als Versuch eines politischen Befreiungsschlags gewertet: Der 38-jährige Minister steht aktuell wegen Fällen von Polizeigewalt in der Kritik.
Darmanin schrieb auf Twitter, im Zuge der Aktion würden 76 Moscheen “kontrolliert und diejenigen geschlossen, bei denen es nötig ist”. Das Umfeld des Ministers bestätigte Angaben der Zeitung “Le Figaro”, nach denen 16 Moscheen und andere Kultstätten im Pariser Großraum und 60 in anderen französischen Landesteilen von verschärfter Überwachung betroffen sind.
Die Moscheen sollen sich nach Angaben aus dem Umfeld des Ministers zum Teil einer Schließung durch die Behörden widersetzt oder Imame beschäftigt haben, die als mögliche Gefährder oder Hassprediger gelten.
Nach den jüngsten Anschlägen auf eine Kirche in Nizza mit drei Toten und der Ermordung eines Lehrers bei Paris hatte die französische Regierung ihr Vorgehen gegen mutmaßliche Islamisten verschärft. Darmanin ließ eine Moschee nördlich von Paris vorübergehend schließen, die Aufrufe gegen den Lehrer Samuel Paty geteilt haben soll.
Paty hatte vor seiner Enthauptung durch einen Russen tschetschenischer Herkunft Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt. Zudem verbot die Regierung zwei islamische Organisationen, die Darmanin für “Brutstätten” von Extremisten hält.
Von einer “allgemeinen Radikalisierung” französischer Muslime könne aber nicht die Rede sein, sagte Darmanin am Donnerstag. “Fast alle Muslime in Frankreich respektieren die Gesetze der Republik”, betonte er. Die 76 verdächtigen Moscheen seien nur ein kleiner Teil von insgesamt rund 2600 in Frankreich. Das Land hat mit schätzungsweise fünf Millionen Muslimen die größte Gemeinde in Europa.
Darmanin war vergangene Woche wegen Bildern von Polizeigewalt gegen einen schwarzen Musikproduzenten in Paris massiv unter Druck geraten. Vier Polizisten wurden danach von der Justiz wegen “vorsätzlicher Gewalt” beschuldigt, Präsident Emmanuel Macron nannte die Aufnahmen eine “Schande” für Frankreich.
Die Regierung und Parlamentsvertreter kündigten danach die Neufassung eines Gesetzentwurfs für “globale Sicherheit” an, mit dem Darmanin das Filmen solcher Fälle von Polizeigewalt unter Strafe stellen wollte, um die Beamten vor nachfolgenden Angriffen zu schützen. Journalisten kritisierten dies als massive Einschränkung der Pressefreiheit.
Teile des Sicherheits-Gesetzes sollen nun womöglich in ein anderes überführt werden, das Darmanin am Mittwoch der kommenden Woche vorstellen will. In dem Gesetzentwurf gegen “Separatismus” geht es um ein verschärftes Vorgehen gegen islamistische Tendenzen. Präsident Macron hatte dies bereits vor den jüngsten Anschlägen angekündigt.
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