Im Streit um die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags bleibt die CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt bei ihrem Nein. Sie forderte die von Ministerpräsident Reiner Haseloff geführte Landesregierung laut einem Beschluss vom Dienstag auf, den Staatsvertrag neu zu verhandeln. Damit würde es nicht wie geplant Mitte Dezember im Landtag zur Abstimmung über den Medienrechtsänderungsstaatsvertrag kommen, dessen Kern die Beitragserhöhung ist.
In der Koalition von CDU, SPD und Grünen in Sachsen-Anhalt herrscht wegen des Streits um den Rundfunkbeitrag seit Tagen Krisenstimmung. SPD und Grüne drohten mit einem Ende des Regierungsbündnisses, sollte die CDU gegen den Staatsvertrag stimmen. Ebenso wie die Christdemokraten lehnt auch die AfD die Beitragserhöhung ab, im Parlament haben beide Fraktionen zusammen eine Mehrheit.
Ihre am Dienstag vorgelegte Beschlussempfehlung begründete die CDU-Fraktion unter anderem mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie für Privathaushalte und Unternehmen. Deshalb seien Nachverhandlungen geboten. Der Vorstoß geht Medienberichten zufolge auf einen Vorschlag Haseloffs zurück. Zugleich bekräftigte die CDU ihre Forderungen nach Reformen und mehr Einsparungen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern.
Der CDU-Vorschlag sollte am Dienstag den Koalitionspartnern vorgelegt werden. Am Nachmittag wollte der Koalitionsausschuss zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
Haseloff sei offenbar bereit, für die Einigkeit seiner Landtagsfraktion “einen bundesweiten Vertrag, seine eigene Regierungsvorlage und das Miteinander der bundesweit ersten Kenia-Koalition zu kippen” und “die Axt an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu legen”, kritisierte die Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann.
Damit der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar wie geplant um 86 Cent auf 18,36 Euro steigen kann, ist ein einstimmiger Beschluss aller Länderparlamente nötig. Das würde die CDU in Sachsen-Anhalt mit einem Nein boykottieren. SPD, Grüne und Linke wollen dem hingegen zustimmen. Rund ein halbes Jahr vor der Landtagswahl droht dem Kenia-Bündnis damit der Bruch.
Die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) hält Nachverhandlungen des Staatsvertrags für unrealistisch. Die anderen Länder könnten einen “solchen Vorschlag, soweit er darauf zielt, die Beitragsanpassung jetzt nicht umzusetzen, sondern zu verschieben” nicht aufgreifen, teilte Raab, die Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder ist, auf Anfrage in Mainz mit.
Raab verwies darauf, dass der Medienänderungsstaatsvertrag bereits in zwölf Ländern mit großer Mehrheit in den Landtagen angenommen wurde. Bei dem Staatsvertrag handle es sich “um eine gesamtstaatliche Verantwortung, die die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichert”.
Sollte der Vertrag nicht bis Jahresende von allen Ländern ratifiziert werden, werde er “gegenstandslos”. Dies würde zu einer Unterfinanzierung der Sendeanstalten führen. Auch ein von der Sachsen-Anhalt-CDU gefordertes Ergänzungsgutachten der unabhängigen Expertenkommission KEF, die die Beitragserhöhung so empfohlen hatte, würde Raab zufolge kaum zu einem anderen Ergebnis führen.
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