Die AfD hat am Samstag ihren umstrittenen Bundesparteitag im nordrhein-westfälischen Kalkar eröffnet. Die rund 600 Delegierten sollen das erste Renten- und Sozialkonzept der 2013 gegründeten Partei beschließen. Der Parteitag inmitten der zweiten Corona-Welle war im Vorfeld heftig kritisiert worden. Proteste gegen die Politik der AfD gab es bereits am Freitagnachmittag. Für Samstag wurde eine Kundgebung mit rund 1000 Teilnehmern erwartet.
Die Polizei ist mit mehreren hundert Einsatzkräften vor Ort. Sie sollen sowohl den Verlauf des Bundesparteitags als auch den der angemeldeten Gegendemonstrationen gewährleisten. Für den Parteitag gelten strenge Hygieneauflagen. So muss auch an den Sitzplätzen ein Mund-Nasenschutz getragen werden, eine Beschwerde der AfD dagegen beim Oberverwaltungsgericht Münster war erfolglos.
AfD-Chef Jörg Meuthen sagte am Samstag dem Sender NDR Info zu den Corona-Auflagen: “Wir werden das strikt einhalten und es wird keine Ausnahmen geben.” Er fügte hinzu: “Sollte sich jemand dem widersetzen, fliegt er raus.” Ein solches Treffen in Zeiten der Corona-Pandemie funktioniere nur mit äußerster Disziplin. “Wir haben den Wunsch, der Republik zeigen, dass das geht”, sagte Meuthen.
Dem RBB-Inforadio sagte der AfD-Chef, nur wer ein medizinisches Attest vorlege, dürfe am Platz seine Maske ablegen. Er rechne auf dem zweitägigen Treffen “vor allem mit intensiven inhaltlichen Auseinandersetzungen in den Sachthemen”, sagte Meuthen weiter. Wenn es dabei Unmutsbekundungen gegen einzelne gebe, auch gegen ihn, sei das legitim, solange es sich in einem zivilisierten Rahmen vollziehe.
Es wird erwartet, dass der formal aufgelöste rechtsextreme “Flügel” um Björn Höcke den Parteitag zu Attacken gegen Meuthen nutzt. Bei dem Treffen soll unter anderem der einst von Andreas Kalbitz besetzte Beisitzer-Posten im Bundesvorstand neu vergeben werden. Dem engen Vertrauten Höckes war auf Betreiben Meuthens die AfD-Mitgliedschaft aberkannt worden.
Zur Rente liegt den Delegierten ein Leitantrag des Bundesvorstands vor. Demzufolge soll der Renteneintritt flexibel gestaltet werden, der Großteil der künftigen Beamten soll in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Der Leitantrag ist ein Kompromiss, nachdem lange über gegensätzliche Konzepte unter anderem von Meuthen und Höcke gestritten worden war.
Meuthen will eigentlich perspektivisch die umlagefinanzierte gesetzliche Rente abschaffen. “Mein Vorschlag ist im Grunde der radikale, in einer längeren Perspektive die Rentenversicherung durch mehr Eigenvorsorge zu ersetzen und die staatliche Absicherung auf eine Grundsicherung zu beschränken”, sagte der AfD-Chef im RBB. Höcke will dagegen die gesetzliche Rente stärken und mit nationalistischen Elementen versehen, etwa mit einem Rentenaufschlag nur für Deutsche.
© Agence France-Presse