In Schottland hat am Dienstag ein Berufungsprozess im Fall des 2001 für den Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug über der Stadt Lockerbie verurteilten libyschen Attentäters begonnen. Kein vernünftiges Gericht hätte den 2012 gestorbenen Abdelbaset Mohamed al-Megrahi verurteilen dürfen, sagte eine Anwältin der Familie vor dem obersten schottischen Strafgericht in Edinburgh. Das Gericht will das Urteil von 2001 bis Freitag prüfen. Die Entscheidung über eine mögliche Wiederaufnahme des Verfahrens wird zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.
Al-Megrahi war 2001 wegen des Anschlags auf die Pan-Am-Maschine, bei dem am 21. Dezember 1988 270 Menschen getötet wurden, zu 27 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Al-Megrahis erster Berufungsantrag war 2002 abgewiesen worden, einen zweiten hatte er fallengelassen, als bei ihm Krebs diagnostiziert worden war.
2009 kam er aus gesundheitlichen Gründen frei und kehrte nach Libyen zurück. Bis zu seinem Tod im Jahr 2012 beteuerte er seine Unschuld. Libyen übernahm 2003 die Verantwortung für den Anschlag und zahlte 2,7 Milliarden Dollar (etwa 2,3 Milliarden Euro) Entschädigung an die Hinterbliebenen der Opfer.
Seine Familie hatte im März vor dem schottischen Ausschuss zur Überprüfung von Gerichtsurteilen (SCCRC) erreicht, dass der Fall zur Überprüfung an das Strafgericht in Edinburgh verwiesen wurde. Zweifel an den Beweisen gegen al-Megrahi seien nicht ausgeräumt worden, hieß es zur Begründung.
Für die Kinder des Verurteilten sei “ihr Vater das 271. Opfer von Lockerbie”, sagte der Anwalt Aamer Anwar kurz vor dem Beginn der Anhörung in Edinburgh. “Endlich gibt es Hoffnung auf ein Ende von fast 32 Jahren Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit.”
Am vergangenen Freitag bestätigte das Gericht in Edinburgh eine Geheimhaltungs-Anordnung des britischen Außenministers Dominic Raab bezüglich bestimmter Unterlagen zu dem Fall mit Verweis auf die nationale Sicherheit. Die Unterlagen sollen einen jordanischen Geheimagenten mit dem Anschlag von Lockerbie in Verbindung bringen.
Die Anwälte der al-Megrahi-Familie gehen jedoch davon aus, dass diese Unterlagen zentral für den Berufungsprozess sind, der auch von einigen Familien der Lockerbie-Opfer unterstützt wird. Sie kündigten an, “wichtiges Beweismaterial über die Rolle von Einzelnen, Staaten und Politikern” im Laufe des Verfahrens zu veröffentlichen.
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