Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am Donnerstag nur kurz über die Blockade des europäischen Haushalts und des Corona-Hilfsfonds durch Ungarn und Polen beraten. Bei einer Video-Konferenz gab zunächst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Vertreterin der deutschen EU-Ratspräsidentschaft einen Überblick zum Stand der Haushaltsverhandlungen, wie ein EU-Sprecher mitteilte. In der Folge äußerten sich nach Angaben aus EU-Kreisen drei weitere Staats- und Regierungschefs.
Darunter waren auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban und der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki, wie es weiter hieß. EU-Ratspräsident Charles Michel habe dann nach einer knappen halben Stunde entschieden, dass die Beratungen über die Haushaltsblockade außerhalb des Gipfels fortgesetzt würden. Eine Einigung war von vornherein bei der Video-Schalte nicht erwartet worden.
Ungarn und Polen hatten am Montag ihre Zustimmung zu einem 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket bestehend aus dem EU-Haushaltsrahmen für die kommenden sieben Jahre und dem Corona-Hilfsfonds verweigert. Grund sind Pläne, EU-Gelder bei Verstößen gegen rechtsstaatliche Grundsätze künftig zu kürzen. Insbesondere Länder im Süden Europas fürchten nun, dass sich die Auszahlung dringend benötigter Corona-Hilfen verzögern wird.
Ziel in nächster Zeit sei es, “dass die Lage nicht vollkommen eskaliert”, sagte ein EU-Diplomat. Es gehe darum, Wege zu finden, um sachlich über die Kritik aus Budapest und Warschau zu sprechen und nach Lösungen zu suchen. Gleichzeitig müsse Ungarn und Polen aber auch verdeutlicht werden, “dass sie alleine stehen”.
Ein in Brüssel diskutierter Lösungsansatz sind politische Zusicherungen der anderen Mitgliedstaaten an Warschau und Budapest. Änderungen an dem Rechtsstaatsmechanismus selbst gelten als schwierig. Das Europäische Parlament machte bereits am Mittwoch klar, dass es “keine weiteren Zugeständnisse” bei den über Wochen ausgehandelten Regelungen machen werde.
Nach den kurzen Beratungen über die Haushaltsblockade wendete sich der Gipfel dem ursprünglichen Thema der Video-Konferenz zu. Dabei geht es um die weitere Abstimmung der EU-Länder in der Pandemie. Der EU-Rat nannte hierbei als Themen die gegenseitige Anerkennung von Corona-Tests, die Verteilung von künftigen Impfstoffen und die Herangehensweise bei der Aufhebung von Corona-Beschränkungen.
Diplomaten rechneten mit insgesamt etwa dreistündigen Beratungen der Staats- und Regierungschefs. Am Ende werden sich in Brüssel EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor der Presse äußern. In Berlin tritt Bundeskanzlerin Merkel vor die Kameras.
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