Nach der Blockade des Corona-Hilfsfonds durch Ungarn und Polen hat die EU-Kommission eine schnelle Lösung angemahnt. “Eine starke und ausgewogene Erholung” der EU-Wirtschaft hänge “von einem raschen Inkrafttreten” des 750 Milliarden Euro schweren Hilfspakets ab, erklärte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni am Mittwoch. Er rief die EU-Regierungen auf, in der Corona-Krise “ein starkes Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihren eigenen Bürgern und allen Europäern” zu zeigen.
Ungarn und Polen hatten am Montag ihre Zustimmung zu einem 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket bestehend aus dem EU-Haushaltsrahmen für die kommenden sieben Jahre und dem Corona-Hilfsfonds verweigert. Grund für die Blockade sind Pläne, EU-Gelder bei Verstößen gegen rechtsstaatliche Prinzipien künftig zu kürzen.
Nach dem schwersten Wirtschaftseinbruch der Nachkriegsgeschichte soll der Corona-Hilfsfonds die EU-Länder im Kampf gegen die Krise unterstützten. 390 der 750 Milliarden Euro sollen dabei als Zuschüsse gewährt werden, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Vor allem stark durch die Pandemie getroffene Länder im Süden Europas wie Italien und Spanien mit bereits hohen Schuldenständen sind auf das Geld aus Brüssel angewiesen.
Angesichts der nun angelaufenen zweiten Welle der Pandemie erwartet die Kommission einen langwierigen Prozess bis zu einer Erholung, der erst 2022 abgeschlossen sein dürfte. In ihrer Herbst-Prognose ging sie Anfang November davon aus, dass die EU-Wirtschaft in diesem Jahr um 7,4 Prozent einbrechen wird. Für das kommende Jahr erwartet sie dann ein Wachstum von 4,1 Prozent und für 2022 ein Plus von drei Prozent.
In ihren wirtschaftspolitischen Empfehlungen forderte die Kommission die EU-Regierungen auf, auch im kommenden Jahr die Wirtschaft haushaltspolitisch zu unterstützen. Um dies möglich zu machen, hatte die Kommission im März die europäischen Defizit- und Schuldenregeln bis auf Weiteres ausgesetzt.
Brüssel bewertete nun die Haushaltspläne der Mitgliedstaaten als insgesamt im Einklang mit den EU-Empfehlungen zur Bekämpfung der Krise. Die Kommission kritisierte aber, dass in Frankreich, Italien, Litauen und der Slowakei einige ergriffene Maßnahmen scheinbar “nicht vorübergehend” seien. Dies könnte demnach Auswirkungen auf die langfristige Stabilität der Staatsfinanzen haben.
Im Falle Frankreichs kritisierten die Brüsseler Haushaltsprüfer, dass Krisenmaßnahmen im Umfang von 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung “nicht vorübergehend” seien oder durch andere Maßnahmen kompensiert würden. Die Kommission verwies dabei auf Steuersenkungen für die Industrie und Lohnerhöhungen für Staatsbedienstete vor allem im Gesundheitssektor.
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