Ein vielversprechender potenzieller Impfstoff des deutschen Pharmakonzerns Biontech und seines US-Partners Pfizer verhindert nach Firmenangaben über 90 Prozent der Covid-19-Erkrankungen. In der laufenden klinischen Prüfung sei eine Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent festgestellt worden, teilten das Mainzer Unternehmen und sein Partner mit. Die beiden Unternehmen wollen bereits in der kommenden Woche in den USA die beschleunigte Genehmigung des Impfstoffs beantragen.
Der Impstoffkandidat befindet sich seit Juli in einer großangelegten klinischen Prüfung der sogenannten Phase drei, an der weltweit rund 43.500 Menschen teilnehmen. Nach Angaben von Biontech und Pfizer erwies sich der Kandidat “in der ersten Zwischenanalyse zu mehr als 90 Prozent wirksam im Schutz vor Covid-19-Erkrankung bei Probanden ohne nachweisliche vorangegangene SARS-CoV-2-Infektion”.
Den Zwischenergebnissen zufolge stellte sich sieben Tage nach der zweiten Impfdosis und 28 Tage nach der ersten ein Impfschutz ein. Die Unternehmen wollen nach eigenen Angaben bis zu 50 Millionen Impfdosen in diesem und bis zu 1,3 Milliarden im nächsten Jahr herstellen.
Vor dem Beantragen einer sogenannten Notfallzulassung in den USA bei der US-Arzneimittelbehörde FDA müsse noch ein notwendiger “Sicherheitsmeilenstein” erreicht werden, teilten die Firmen mit. Sie rechneten damit, dass dies in der dritten Novemberwoche der Fall sein werde.
Nach den aktuellen Richtlinien der US-Arzneimittelbehörde FDA müssen Hersteller in der dritten und letzten Testphase eines neuen Impfstoffs eine Nachbeobachtungszeit von mindestens zwei Monaten nach der zweiten Impfdosis einhalten. Dann liegen genügend Erkenntnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit vor, um eine beschleunigte Zulassung beantragen zu können.
Die Ergebnisse müssen zudem noch ein sogenanntes Peer-Review-Verfahren durchlaufen, bei dem unabhängige Fachkollegen die Qualität einer wissenschaftlichen Publikation überprüfen. Dennoch zeigten sich führende Experten bereits optimistisch. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, bezeichnete die Nachricht auf Twitter als “ermutigend”. Der US-Top-Virologe Anthony Fauci sprach von “außergewöhnlichen” Ergebnissen.
Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sprach von einem “Riesensprung nach vorne”, warnte aber, es sei noch kein “Durchbruch”. Es fehlten noch wissenschaftliche Arbeiten, sagte Montgomery dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Eleanor Riley von der Universität Edinburgh wies zudem darauf hin, dass bislang nichts über das Alter der Probanden bekannt sei. “Wenn ein Impfstoff der breiten Bevölkerung die Rückkehr zum normalen Alltagsleben ermöglichen soll, muss er bei älteren und hochbetagten Mitgliedern unserer Gesellschaft wirksam sein”, erklärte sie.
Die EU will trotz der Ankündigung an ihrem bisherigen Zeitplan für die Zulassung eines Corona-Impfstoffs festhalten. Die europäische Arzneimittelbehörde Ema müsse noch weitere Tests durchführen, eine Zulassung in Europa sei daher frühestens “Anfang kommenden Jahres” realistisch, hieß es aus EU-Kreisen.
Die Ema habe bereits zwei Datensätze übermittelt bekommen und sei bei deren Analyse, sagte eine Sprecherin der Agentur. Die klinischen Daten, auf die sich die Ankündigung der beiden Unternehmen beziehe, habe die Ema aber bisher “weder erhalten noch bewertet und kann daher dazu keine weiteren Kommentare abgeben”.
Die EU-Kommission hat mit einer Reihe von Unternehmen, die an einem Corona-Impfstoff forschen, Abkommen zur Lieferung künftiger Mittel abgeschlossen. Im Fall von Biontech und Pfizer hat Brüssel zunächst 200 Millionen Dosen reserviert und hält eine Option für weitere 100 Millionen Impfstoffeinheiten. Der Vertrag über die bis zu 300 Millionen Dosen solle “bald” unterzeichnet werden, kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Abend an.
Die Nachricht sorgte unterdessen für Höhenflüge an den Börsen weltweit. In Frankfurt am Main kletterte der Deutsche Aktienindex (Dax) um knapp fünf Prozent. Die Aktien von Biontech und Pfizer schossen in den USA nach oben.
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