Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes sieht Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Einigungsmöglichkeiten in der dritten Verhandlungsrunde am Donnerstag und Freitag in Potsdam. Seehofer sei zuversichtlich, dass es gelingen könne, “die dritte Verhandlungsrunde gemeinsam abzuschließen”, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. Die Arbeitgeberseite habe ein “sehr weitreichendes Angebot” unterbreitet in einer “ausgesprochen schwierigen Situation”, sagte der Sprecher mit Blick auf die Corona-Krise.
Er wolle in diesem Zusammenhang auch erwähnen, dass der öffentliche Dienst ein “sicheres Arbeitsverhältnis” biete, “was ja schon ein Wert an sich ist”, fügte der Sprecher hinzu. Das am Freitag von Bund und Kommunen vorgelegte erste Angebot sieht für die insgesamt 2,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen eine in drei Stufen aufgeteilte lineare Lohnerhöhung von insgesamt 3,5 Prozent vor. Auch umfasst die Offerte eine Corona-Sonderzahlung und gesonderte Verbessserungen für Pflegekräfte.
Der Sprecher Seehofers betonte, die Arbeitgeberseite habe versucht, zwei Aspekte in Einklang zu bringen: Einerseits solle mit einer Einkommenssteigerung die “Wertschätzung” für die Beschäftigten ausgedrückt werden. Dabei liege ein Schwerpunkt auf den Gruppen, die durch die Pandemie besonders belastet seien, etwa Angestellte im Gesundheitswesen. Zugleich trage das Angebot “der derzeitigen Gesamtlage” Rechnung.
Dagegen fordern die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Beamtenbund in der Tarifrunde Lohnanhebungen von 4,8 Prozent bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten, monatlich jedoch mindestens 150 Euro mehr. Die Gewerkschaften riefen bis einschließlich Mittwoch zu weiteren Warnstreiks auf, so am Montag unter anderem in Bayern.
Laut Verdi lag die Zahl der Warnstreikenden in dem Freistaat “im hohen einstelligen Tausenderbereich”. Betroffen waren demnach “alle Facetten des öffentlichen Dienstes in allen Regierungsbezirken”. In Berlin meldete Verdi Warnstreiks bei der Charité und beim kommunalen Krankenhausbetreiber Vivantes.
Von Warnstreiks betroffen war am Montag auch ein Großteil des öffentlichen Nahverkehrs in Nordrhein-Westfalen, allerdings wegen einer anderen, parallel laufenden Tarifrunde: Mit den ÖPNV-Streiks im einwohnerstärksten Bundesland wollte Verdi Druck auf die Arbeitgeber bei den laufenden Verhandlungen zum Tarifvertrag Nahverkehr in NRW ausüben.
Scharfe Kritik an den erneuten Warnstreiks im öffentlichen Dienst übte der Deutsche Städtetag. “In diesen schwierigen Corona-Zeiten sind die Menschen genug belastet und brauchen nicht auch noch massive Störungen im Bus- und Bahnverkehr”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy, der “Rheinischen Post”. “Und Streiks in Krankenhäusern empfinde ich gerade jetzt als unpassend.”
Auch für Dienstag kündigte Verdi weitere Protestaktionen an. So rief die Gewerkschaft in Nordrhein-Westfalen zu einem landesweiten Warnstreiktag in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes auf, darunter auch erneut bei Bussen und Bahnen.
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