Die Polizei in Hongkong hat den international bekannten Demokratie-Aktivisten Joshua Wong festgenommen – und wenig später gegen Kaution wieder freigelassen. Der 23-jährige Aktivist zeigte sich unbeeindruckt und kündigte am Donnerstag kurz nach seiner Freilassung an, seinen Widerstand gegen die Beschneidung demokratischer Freiheiten in der chinesischen Sonderverwaltungszone fortzusetzen. Die Europäische Union verurteilte Wongs Festnahme scharf und warnte vor einer Verschlechterung des europäisch-chinesischen Verhältnisses.
“Egal was passiert – ich werde auch künftig Widerstand leisten und hoffe, dass die Welt weiß, dass die Hongkonger beschlossen haben, nicht aufzugeben”, sagte Wong nach seiner Freilassung vor Journalisten.
Wongs Anwalt sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Demokratie-Aktivist sei festgenommen worden, nachdem er sich im Zusammenhang mit einem anderen gegen ihn laufenden Strafverfahren zu einer Polizeistation begeben hatte. Dem 23-Jährigen drohe nun eine weitere Anklage wegen der Vorwurfs der Teilnahme an einer “illegalen” Demonstration im Oktober vergangenen Jahres, die sich gegen ein von der Hongkonger Regierung verhängtes Verbot von Gesichtsmasken gerichtet hatte.
Ein Polizeisprecher bestätigte Wongs Festnahme aufgrund dessen “bewusster Teilnahme an einer nicht zugelassenen Versammlung” sowie einem Verstoß gegen das damals geltende Vermummungsverbot.
Die Behörden hatten das Maskenverbot im vergangenen Jahr als Reaktion auf die monatelangen pro-demokratischen Massenproteste erlassen, bei denen viele Demonstranten sich vermummt hatten. Inzwischen hat ein Gericht das Maskenverbot gekippt.
Die EU reagierte mit einer scharfen Verurteilung auf die vorübergehende Festnahme Wongs. Der Vorfall sei ein weiteres “besorgniserregendes Ereignis in einer Serie von Festnahmen pro-demokratischer Aktivisten” in Hongkong seit Beginn des Sommers, erklärte eine Sprecherin des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Die Entwicklungen in Hongkong stellten “den Willen Chinas, seine internationalen Verpflichtungen einzuhalten, in Frage”, untergrüben das Vertrauen in China und wirkten sich auf das Verhältnis zwischen der EU und China aus.
Seit der Einführung des sogenannten chinesischen Sicherheitsgesetzes Ende Juni haben die Hongkonger Sicherheitsbehörden ihr Vorgehen gegen die Demokratiebewegung massiv verschärft. Das international heftig kritisierte Gesetz erlaubt den Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten in Hongkong, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen. Verstöße können mit lebenslanger Haft geahndet werden.
Das Gesetz stellt den bislang schwersten Eingriff in den Autonomiestatus von Hongkong dar. Der früheren britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China 1997 für 50 Jahre Sonderrechte gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Bijan Djir-Sarai, erklärte nach Wongs Freilassung, seit der Einführung des sogenannten Sicherheitsgesetzes überschreite die Regierung in Peking “zunehmend rote Linien” und zeige “vor den Augen der Weltöffentlichkeit immer unverblümter ihr wahres Gesicht”. Die Freilassung Wongs sei zwar ein “positives Signal”. Dennoch zeige die Festnahme des Demokratie-Aktivisten, “dass die chinesische Regierung ihre autoritären, menschenrechtswidrigen Eingriffe in Hongkong fortsetzt und intensiviert”. Darauf müsse die Bundesregierung reagieren.
Auch die Grünen-Politikerin und China-Kennerin Margarete Bause forderte eine klare Haltung Deutschlands gegenüber dem Vorgehen gegen die Hongkonger Demokratiebewegung. Es sei nun “an allen demokratischen Staaten, dieser Repression Einhalt zu gebieten”, sagte sie der “Bild”-Zeitung.
Auf der Grundlage des sogenannten Sicherheitsgesetzes sind bereits rund zwei Dutzend Demokratie-Aktivisten festgenommen worden, darunter die prominente Aktivistin Agnes Chow. Sie wurde inzwischen gegen Kaution freigelassen. Der Aktivist Nathan Law, der bei vielen Protesten ebenfalls an der Seite Wongs zu sehen war, floh vor Strafverfolgung nach Großbritannien. Laut chinesischen Staatsmedien wird ihm die Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen.
© Agence France-Presse