Nach dem Tod der US-Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg zeichnet sich eine heftige politische Auseinandersetzung um ihre Nachfolge ab: Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, teilte am Freitag mit, der Senat würde sich trotz der bevorstehenden Präsidentschaftswahl einer Abstimmung über einen von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagenen Kandidaten nicht verweigern. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden forderte hingegen, mit der Nominierung bis nach der Wahl zu warten.
Gemäß der US-Verfassung bestimmt der Präsident die Richter des Obersten Gerichtshofs der USA, doch der Senat muss dem Vorschlag zustimmen. Eine Abstimmung nur kurz vor einer Wahl wäre äußerst ungewöhnlich.
“Die Wähler sollten über den Präsidenten entscheiden, und der Präsident sollte dem Senat einen Richter vorschlagen”, forderte Biden vor Journalisten am Freitag. “Diese Position haben die Republikaner im Senat 2016 eingenommen, als noch fast zehn Monate bis zur Wahl blieben. Und das ist die Position, die der Senat auch heute einnehmen muss.”
McConnell hatte sich im Februar 2016 geweigert, den vom damaligen Präsidenten Barack Obama vorgeschlagenen Nachfolger für den gestorbenen konservativen Richter Anthony Scalia zur Abstimmung zu stellen. Er begründete dies damit, dass die Wahl, die 250 Tage später stattfand, zu kurz bevorstehe.
Ginsberg selbst hatte einem Bericht des Senders NPR zufolge kurz vor ihrem Tod ebenfalls die Hoffnung geäußert, dass ihr Nachfolger erst nach der Wahl bestimmt werde. Wenige Tage vor ihrem Tod diktierte sie demnach ihrer Enkelin Clara Spera ihren “letzten Willen”: “Mein sehnlichster Wunsch ist, dass ich nicht ersetzt werde, bis ein neuer Präsident eingesetzt wurde.”
Die einflussreiche US-Verfassungsrichterin starb am Freitag im Alter von 87 Jahren an Krebs. Sie war 1993 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zur Richterin am Supreme Court ernannt worden und war unter anderem wegen ihres Einsatzes für Frauenrechte im liberalen Spektrum der USA äußerst beliebt.
Die Entscheidung über ihre Nachfolge dürfte zu einem wichtigen Thema des Präsidentschaftswahlkampfs werden. In dem neunköpfigen Richterkollegium haben die konservativen Kräfte bereits ein Übergewicht, das bei Berufung eines konservativen Nachfolgers für Ginsburg nun weiter ausgebaut werden könnte.
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