Wenn wir durch einen Wald spazieren, nehmen wir die Bäume oft als einzelne, majestätische Lebewesen wahr, die still vor sich hin wachsen. Doch unter unseren Füßen verbirgt sich ein hochkomplexes Kommunikationssystem, das Wissenschaftler oft als „Wood Wide Web“ bezeichnen. Es ist eine faszinierende Welt des Austauschs, in der Bäume nicht nur Konkurrenten um Licht und Wasser sind, sondern aktive Teamplayer.
**Das unsichtbare Netzwerk der Pilzfäden**
Das Herzstück dieser Kommunikation sind sogenannte Mykorrhiza-Netzwerke. Dabei handelt es sich um eine Symbiose zwischen Baumwurzeln und Pilzen. Die fadenförmigen Strukturen der Pilze, das sogenannte Myzel, durchziehen den Boden in einer Dichte, die für das menschliche Auge kaum fassbar ist. Ein einziger Teelöffel Walderde kann kilometerlange Pilzfäden enthalten. Diese Fäden verbinden die Wurzeln verschiedener Bäume miteinander – oft sogar über Artgrenzen hinweg.
Die Pilze liefern den Bäumen wichtige Mineralien wie Phosphor und Stickstoff, während die Bäume im Gegenzug durch Photosynthese produzierten Zucker an die Pilze abgeben. Doch das Netzwerk dient nicht nur dem Handel mit Nährstoffen, sondern fungiert wie eine Art biologisches Glasfaserkabel für Informationen.
**Warnrufe und solidarische Hilfeleistung**
Wird ein Baum beispielsweise von Schädlingen wie Borkenkäfern oder Blattläusen befallen, sendet er chemische Warnsignale über das Netzwerk aus. Benachbarte Bäume empfangen diese Signale und beginnen sofort damit, Abwehrstoffe in ihren Blättern zu produzieren, noch bevor sie selbst angegriffen werden. So erhöht die Gemeinschaft ihre Überlebenschancen durch präventive Maßnahmen.
Besonders beeindruckend ist das Verhalten der sogenannten „Mutterbäume“. Das sind die ältesten und größten Individuen im Wald, die über die meisten Verbindungen verfügen. Forscher konnten nachweisen, dass diese Mutterbäume ihre eigenen Sprösslinge im schattigen Unterholz erkennen. Über das Wurzelnetzwerk leiten sie gezielt zusätzlichen Zucker an die jungen Bäume weiter, um deren Wachstum in der lichtarmen Zone zu unterstützen.
**Ein Paradigmenwechsel in der Ökologie**
Diese Entdeckungen verändern unser Verständnis von Wäldern grundlegend. Der Wald ist keine bloße Ansammlung von Bäumen, sondern ein Superorganismus, der als Ganzes auf Umweltveränderungen reagieren kann. Wenn wir alte Bäume fällen, zerstören wir oft die zentralen Knotenpunkte dieses Netzwerks, was die Stabilität des gesamten Ökosystems gefährden kann. In Zeiten des Klimawandels ist der Schutz dieser unterirdischen Sozialstrukturen daher wichtiger denn je, um die Resilienz unserer Wälder zu sichern.
**(Ulm TV Redaktion)**

