FDP will kriminelle Transpersonen Gefängnis selbst wählen lassen

Gefängnis (Archiv)

In der Debatte um das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Ampel-Koalition und die Auswahl der geeigneten Gefängnisse für Transpersonen will die FDP diese selbst entscheiden lassen. “Ich halte es für richtig, dass Transmenschen entscheiden können, ob sie in einem Frauen- oder Männergefängnis inhaftiert werden”, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Jürgen Lenders, Sprecher seiner Fraktion für Politik rund um Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transpersonen, der “Bild” (Samstagausgabe).

Lenders ergänzte, spätestens seit das Bundesverfassungsgericht festgestellt habe, dass es mehr als zwei Geschlechter gebe, müssten lösungsorientierte Regelungen und Möglichkeiten gefunden werden. Gespräche mit Vertretern der Justiz in den Ländern zeigten, dass es pragmatische und unbürokratische Lösungen bereits gebe. Lenders zeigte Verständnis für Menschen, deren Geschlechtsangleichung noch nicht abgeschlossen ist: “Der Weg zur eigenen, zur richtigen Identität ist aber oft lang. So gibt es auch Fälle, in denen im Personalausweis noch nicht das richtige Geschlecht steht und hier liegt das Problem. Auch deshalb brauchen wir das Selbstbestimmungsgesetz.” Ob mit Inkrafttreten von Buschmanns neuem Selbstbestimmungsgesetz die Bundesländer konkretere Regelungen für den Umgang mit Trans-Gefangenen und den jeweiligen Strafvollzugsgesetzen treffen, ist noch unklar. Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Katrin Hellig-Plahr, sagte der “Bild”: “Transgeschlechtliche Strafgefangene gibt es schon heute. Über die richtige Unterbringung entscheiden die Länder. Das Selbstbestimmungsgesetz wird daran nichts ändern.” Ein Sprecher von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) unterstrich, dass pragmatisch und im Einzelfall entschieden werden solle: “Ändert ein bislang männlicher Strafgefangener seinen Geschlechtseintrag in weiblich, so folgt allein daraus nicht, dass er in ein Frauengefängnis verlegt werden muss.” Der rechtspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Günter Krings (CDU), sagte, das Selbstbestimmungsgesetz werde Konsequenzen haben: “Je einfacher es künftig werden sollte, sein rechtliches Geschlecht zu ändern, desto weniger werden die Länder das zum Maßstab dafür machen, in welchen JVA sie Transgender-Personen unterbringen.” Die stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Silvia Breher, ergänzte: “Für einen biologisch und auch rechtlichen Mann kommt richtigerweise das Männergefängnis in Betracht.” Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Strafvollzug, René Müller, fühlt sich in diesen Fragen von der Ampel-Regierung allein gelassen – und warnt vor Problemen. “Man kann nie wissen, ob eine Geschlechtsänderung nicht missbräuchlich ausgenutzt wird – zum Beispiel, um vermeintlich angenehmere Haftbedingungen im Frauengefängnis zu genießen”, so Müller. Er fürchtet, die Justizvollzugsbeamten könnten ihrer Fürsorgepflicht gegenüber allen Gefangenen nicht mehr gerecht werden: “Wer als Mann geboren wurde, hat andere körperliche Voraussetzungen als eine biologische Frau. Die könnten gewaltsam gegen Mithäftlinge ausgenutzt werden.” Theoretisch bräuchte es eigene Haft-Stationen oder Einzelunterbringungen für Transpersonen, sagte Müller. Praktisch sei das aber aus personellen, logistischen und finanziellen Gründen nicht umsetzbar. “Die Haftanstalten werden vor Herausforderungen gestellt, auf die sie in keiner Weise vorbereitet sind.” Deswegen forderte Müller: “Die Gefängnisse brauchen klare Richtlinien, nach welchen Kriterien eine Person in welches Gefängnis kommt – mit allen Konsequenzen und rechtlicher Sicherheit.”

Bislang müssten die Gefängnisleiter “in einer rechtlichen Grauzone entscheiden”, wie im Gefängnis mit Transpersonen umzugehen sei – zum Beispiel bei Gemeinschaftsaktivitäten oder Arztbesuchen. “Das ist fatal. Die Gefängnisse werden allein gelassen”, so Müller. Dabei ist die Zahl der betroffenen Personen aktuell verhältnismäßig klein: In Niedersachsen ist ein Fall eines Trans- bzw. Inter-Häftlings bekannt, in Berlin sind es aktuell sechs Fälle, Hessen und Schleswig-Holstein sprechen von “wenigen” und “ganz wenigen” Fällen.

dts Nachrichtenagentur

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