Die CDU bereitet Fehler im Wahlkampf auf und stellt sich auf die Oppositionsrolle ein: In einer selbstkritischen Rede hat CDU-Chef Armin Laschet Verantwortung für die historische Wahlniederlage der Union übernommen. Der gescheiterte Kanzlerkandidat beklagte in einer Rede bei einem Treffen der Jungen Union am Samstag in Münster aber auch Indiskretionen und einen Mangel an Geschlossenheit, was seinen Wahlkampf schwer belastet habe. Die künftige CDU-Spitze müsse jünger, weiblicher und solidarischer werden.
Auch CDU-Vize Jens Spahn und CSU-Chef Markus Söder, der nicht in Münster war, verlangten mehr Geschlossenheit. “Diese Tugend, Zusammenstehen, das müssen wir wieder lernen, wenn wir in Zukunft Wahlen gewinnen wollen”, sagte Laschet. “So wie der Zustand im Moment ist, kann es nicht weitergehen.”
Das schlechte Ergebnis der Union bei der Bundestagswahl bezeichnete Laschet als “bitter”. “Den Wahlkampf, die Kampagne, habe ich zu verantworten und sonst niemand”, sagte er. Verärgert zeigte sich Laschet über ständige Indiskretionen aus internen Sitzungen der CDU-Spitzengremien, die eine vertrauliche Debatte unmöglich gemacht hätten: “Das war schon der Beginn einer Schwächung im Wahlkampf.”
Laschet äußerte sich vor den Delegierten auf dem Deutschlandtag in Münster, dem Jahrestreffen der Nachwuchsorganisation Junge Union. Die von manchen erwartete Abrechnung mit dem glücklosen Kandidaten blieb weitgehend aus: Viele Delegierte zollten Laschet Respekt dafür, dass er sich der Diskussion über die Wahlniederlage gestellt habe – anders als CSU-Chef Söder, der seinen Auftritt in Münster kurz zuvor abgesagt hatte.
Die Redebeiträge bei dem Treffen waren geprägt vom Wunsch nach einem Ende der internen Streitereien, nach einer stärkeren Einbindung der Mitglieder, nach einer schärferen inhaltlichen Profilierung und nach einem geordneten Verfahren für die künftige Kür der Kanzlerkandidaten von CDU und CSU.
Parteivize Spahn beklagte “eine Zerrissenheit in der Partei, ein Klima des Misstrauens und eine Krise des Zusammenhalts”. Die CDU müsse innerparteilich eine “Kultur des Vertrauens” aufbauen, sie müsse mehr inhaltliche Debatten führen und die Mitglieder besser an der Parteiarbeit beteiligen. “Es war ein beschissenes Wahlergebnis und die Lage ist es auch”, resümierte er.
Er selbst wolle beim Wiederaufbau der Partei eine Rolle spielen: “Ich hab Lust darauf, diese neue CDU zu gestalten”, sagte der 41-jährige Spahn.
Auch Söder forderte ein Ende der innerparteilichen Streitigkeiten. “Wir könnten mit einer Ampel-Regierung einen politischen Epochenwechsel erleben, deshalb ist es wichtig, dass CDU und CSU eine neue Geschlossenheit zeigen”, sagte er der “Welt am Sonntag”.
Söder hatte sich im April einen offenen Machtkampf mit Laschet um die Kanzlerkandidatur geliefert. Große Unterstützung gab es in Münster für den Vorschlag der Jungen Union, dass CDU und CSU einen gemeinsamen Unionsrat zur besseren Abstimmung unter den Schwesterparteien einrichten.
Laschet etwa sagte, einem solchen Gremium könne künftig die Kür des Kanzlerkandidaten obliegen. Die Generalsekretäre Paul Ziemiak (CDU) und Markus Blume (CSU) zeigten sich offen dafür: Unterschiede in Sachfragen dürften sich nicht mehr “zu einem Fundamentalstreit auswachsen zwischen CDU und CSU”, sagte Blume.
Auch Spahn unterstützte dies: Es müsse “das letzte Mal gewesen sein”, dass auf diese Weise ein Kanzlerkandidat der Union bestimmt wurde. Die Kandidatenkür habe den Unmut an der Basis über die Parteiführung verschärft: “Die Entscheidung zur Kanzlerkandidatur, so wie wir sie getroffen haben, die hat für viele den Bruch bedeutet.”
Die Forderung der Jungen Union nach einer Kür des neuen CDU-Chefs durch die Mitglieder bewertete Laschet zurückhaltend. Er sei aber “nicht prinzipiell dagegen”, sagte er.
Quelle: AFP