In der südchinesischen Stadt Shenzhen haben sich am Mittwoch den dritten Tag in Folge Demonstranten vor dem Firmensitz des verschuldeten Immobilienriesen Evergrande versammelt. Ein Firmenvertreter habe den verärgerten Geschäftspartnern von Evergrande statt Geld Wohnungen, Parkplätze oder Lagerräume angeboten, berichteten Demonstranten einer Reporterin der Nachrichtenagentur AFP. “Doch das können wir nicht brauchen. Keiner von uns hat zugestimmt”, sagte ein Frau namens Wang.
Wohnungskäufer, Lieferanten und Handwerker sowie Kleinanleger fürchten die Pleite von Evergrande. Der Konzern hat in Jahren aggressiver Expansion Schulden in Höhe von umgerechnet mehr als 260 Milliarden Euro angehäuft. Am Dienstag warnte Evergrande, es gebe keine Garantie, dass das Unternehmen all seinen finanziellen Verpflichtungen werde nachkommen können. Der Kurs an der Börse von Hongkong fiel seit Beginn des Jahres um fast 80 Prozent.
Viele der etwa 60 Demonstranten vor dem Firmensitz in Shenzhen forderten ausstehende Zahlungen. Frau Wang aus Chongqing etwa sagte AFP, Evergrande zahle seine Schulden nicht. Ein Mann, der seinen Namen nicht nennen wollte, sagte, Evergrande biete dafür “schlechte Grundstücke” an, doch “die kann man nicht verkaufen”.
Der Konzern ist in mehr als 280 chinesischen Städten präsent und eins der größten Privatunternehmen in der Volksrepublik. Ende Juni lag der Bestand an Wohnungen im Bau nach Angaben der Beratungsfirma Capital Economics bei 1,4 Millionen, ihr Wert bei umgerechnet 170 Milliarden Euro.
Immer mehr Kunden fürchten, dass die im Voraus bezahlten Wohnungen niemals gebaut werden. Lieferanten und Subunternehmen haben sich bereits wegen Zahlungsausfällen beschwert; auf Baustellen ruhen die Arbeiten. Der Kurs an der Börse von Hongkong fiel seit Beginn des Jahres um fast 80 Prozent.
Evergrande ist aber nicht nur in der Immobilienbranche tätig – 2019 gründete der Konzern den Elektroautohersteller Evergrande Auto, der bis heute allerdings kein einziges Fahrzeug verkauft hat. Auch in die Sektoren Tourismus, Internet, Digitalwirtschaft, Versicherungen und Freizeitparks investierte das Unternehmen. Zudem gehört ihm der Fußballclub Guangzhou FC in Kanton.
Ein Bankrott hätte enorme Auswirkungen – nicht nur auf die chinesische Volkswirtschaft, sondern auch auf die politisch erwünschte soziale Stabilität.
Quelle: AFP