Gedenken an den Tag des Schreckens: Die USA haben am 20. Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 an die fast 3000 Todesopfer erinnert. US-Präsident Joe Biden nahm am Samstag an einer Trauerfeier am früheren Standort des World Trade Centers in New York teil. In einer Videobotschaft rief er das politisch zerstrittene Land zur Einheit auf – wurde aber erneut von Vorgänger Donald Trump für den chaotischen Afghanistan-Abzug kritisiert.
Bei der Zeremonie in New York wurden während der Verlesung der Namen aller Anschlagsopfer sechs Schweigeminuten abgehalten. Damit wurde an die Momente erinnert, in denen Mitglieder des Terrornetzwerks Al-Kaida vor 20 Jahren zwei Flugzeuge in die Zwillingstürme gesteuert hatten, außerdem an den Einsturz der beiden Gebäude, den Einschlag eines weiteren entführten Flugzeugs im US-Verteidigungsministerium und den Absturz einer vierten entführten Maschine in Shanksville im Bundesstaat Pennsylvania.
Umrahmt wurde die Trauerfeier an der New Yorker 9/11-Gedenkstätte von viel Musik. Unter anderem trat Rockstar Bruce Springsteen auf und sang sein Lied “I’ll See You In My Dreams”. Biden wurde bei der Zeremonie von seiner Ehefrau Jill begleitet, unter den zahlreichen Gästen waren die früheren Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama.
Gedenkveranstaltungen gab es auch im Pentagon vor den Toren Washingtons und an der Absturzstelle in Pennsylvania. Biden wollte im weiteren Verlauf des Tages alle Anschlagsorte besuchen. Bei den schwersten Anschlägen der US-Geschichte waren 2977 Menschen getötet worden: 2753 in New York, 184 am Pentagon und 40 in Pennsylvania.
Der 20. Jahrestag fällt in eine turbulente Zeit: Die USA haben kürzlich mit einem chaotischen Truppenabzug ihren Militäreinsatz in Afghanistan beendet, den sie nach den Anschlägen von 2001 begonnen hatten. Im Zuge des US-Abzug wurde die rasante Machtübernahme der radikalislamischen Taliban, die Al-Kaida einst Unterschlupf gewährt hatten, für die Weltmacht zu einer Demütigung – die mit dem Tod von 13 US-Soldaten bei einem Anschlag in Kabul noch verheerender wurde.
Der Afghanistan-Abzug hat die politischen Auseinandersetzungen in den USA weiter angefacht. Biden rief das Land deswegen zur Einheit auf: “Das ist für mich die zentrale Lektion von 9/11. Wenn wir am verletzlichsten sind (…), ist Einheit unsere größte Stärke”, sagte der 78-Jährige in seiner rund sechsminütigen Videobotschaft. “Es ist wichtig, dass wir uns gegenseitig respektieren und aneinander glauben.”
Vizepräsidentin Kamala Harris sagte in einer Rede an der Gedenkstätte in Shanksville, die Zeit nach den Terroranschlägen habe gezeigt, “dass Einheit in Amerika möglich ist”. Ex-Präsident George W. Bush, der nach den Anschlägen einen “Krieg gegen den Terrorismus” ausgerufen hatte, beklagte allerdings die politische Spaltung des Landes. Nach 9/11 habe er ein “unglaubliches, widerstandsfähiges, vereintes” Land angeführt, sagte der Republikaner in Shanksville. “Diese Zeiten scheinen sehr weit weg von der heutigen Zeit.”
Deutlich wurde die Spaltung des Landes auch durch eine Videobotschaft von Bidens Vorgänger Trump. Dieser nutzte den Jahrestag für scharfe Attacken gegen Biden – ein klarer Bruch mit den Gepflogenheiten an dem Gedenktag. Der Republikaner warf Biden “Inkompetenz” beim Afghanistan-Abzug vor und sagte, der Demokrat habe wie ein “Dummkopf” gewirkt. Trump hatte sich bei für keine der offiziellen Gedenkveranstaltungen angekündigt.
Der Fall von Kabul hat nicht nur in den USA, sondern auch international eine Diskussion über Militäreinsätze im Kampf gegen Terrorgruppen entfacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte am Samstag bei einem Besuch in Warschau die militärische Reaktion der Nato nach 9/11.
“Wir wussten damals, dass wir uns gegen diese terroristischen Gefahren gemeinsam wehren mussten in der Nato”, sagte Merkel. Zwei Jahrzehnte nach Beginn des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan sei jedoch deutlich geworden, dass “zwar der Terrorismus zum jetzigen Zeitpunkt” besiegt werden konnte, “aber dass wir nicht alle unsere Ziele erreicht haben”.
Quelle: AFP