Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat Vorwürfe zurückgewiesen, sein Ressort habe durch bürokratische Auflagen die Aufnahme afghanischer Ortskräfte verzögert. Sein Ministerium habe bereits im Juni deutlich gemacht, dass “wenn das Regelverfahren nicht möglich ist, die Visaerteilung auch erst nach der Einreise in Deutschland erfolgen kann”, sagte Seehofer am Donnerstag in Berlin. Dies gelte dann auch für die erforderliche Sicherheitsüberprüfung.
“Es ist vollkommen unbestritten, dass Ortskräfte und ihre Familienangehörigen nach Deutschland kommen sollen”, betonte Seehofer. Auch bei der Frage volljähriger Kinder habe er sich immer für ein flexibles Vorgehen eingesetzt, um Familien nicht auseinanderzureißen. In der jetzigen Lage sei es richtig, “dass wir alle Hebel in Bewegung setzen”, damit noch in Afghanistan befindliche Ortskräfte und andere gefährdete Menschen “auch zum Flughafen kommen können und dann ausgeflogen werden”.
Das nun entstandene Chaos und die Probleme bei der Ausreise dieser Menschen aus Afghanistan führte Seehofer in erster Linie auf die falschen Annahmen hinsichtlich der Geschwindigkeit der Entwicklungen in Afghanistan zurück. “Was man diskutieren muss, ist die Lageeinschätzung”, sagte der Innenminister. “Dass sich die Lageeinschätzung dann so schnell verändert hat, das ist der Problempunkt”, hob er hervor. Für diese sei er aber nicht zuständig gewesen.
Zu Kritik an einer langen Dauer der Aufnahmeverfahren für die Ortskräfte sagte Seehofer, Auflagen aus dem Innenressort hätten nicht zu Verzögerungen geführt. Zeit habe das Visaverfahren in Anspruch genommen. Die Sicherheitsüberprüfung würde dagegen im Regelfall “nur Sekunden” dauern. Unnötigen “Papierkram” habe es hier nicht gegeben.
Zum Visaverfahren müssten sich aber die dafür Zuständigen äußern, sagte der Minister. Das ist in diesem Fall das Auswärtige Amt. “Ich zeige nicht mit dem Finger woanders hin”, hob Seehofer hervor. Er bekräftigte, die Visaerteilung hätte bei Charterflügen auch in Deutschland erfolgen können, bei einer Ausreise mit Linienflügen allerdings nicht. Der Innenminister stellte auch klar, er habe zu keinem Zeitpunkt solchen Charterflügen widersprochen.
Seehofer unterstützte auch die Bemühungen, neben den Ortskräften weitere “schutzwürdige Personen” in Deutschland oder anderen europäischen Staaten aufzunehmen. Dies betreffe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Entwicklungshilfe, gefährdete Frauen oder Journalistinnen und Journalisten, die für deutsche Medien gearbeitet haben. “Damit stellen wir nicht die Migrationspolitik auf den Kopf”, stellte er klar. Vielmehr hoffe er, dass die Bemühungen Erfolg haben, diese Menschen zum Flughafen zu bringen.
Einen generellen Abschiebestopp nach Afghanistan lehnte Seehofer erneut ab. Diese sind bisher nur vorläufig ausgesetzt. “Wir lassen es jetzt mal bei der Entscheidung”, sagte er lediglich. Von Abschiebezentren für afghanische Flüchtlinge in anderen Staaten der Region, wie sie aus anderen europäischen Ländern vorgeschlagen würden, halte er aber nichts.
Quelle: AFP