In Kanada sind die Anhörungen im Auslieferungsverfahren der früheren Finanzdirektorin des chinesischen Telekommunikationsriesens Huawei, Meng Wanzhou, an die USA zu Ende gegangen. Einen Termin für die Entscheidungsverkündung werde sie voraussichtlich am 21. Oktober festlegen, sagte die stellvertretende Vorsitzende Richterin des Obersten Gerichtshofs der Provinz British Columbia, Heather Holmes, am Mittwoch in Vancouver. Das bereits über zweieinhalb Jahre dauernde Verfahren beeinträchtigt weiterhin die Beziehungen Kanadas zu China.
Meng war 2018 auf Betreiben der USA bei einer Zwischenlandung in Vancouver festgesetzt worden. Washington wirft ihr Verstöße gegen Iran-Sanktionen vor und verlangt ihre Auslieferung. Mengs Anwälte prangern wiederum Verfahrensmissbrauch der US-Behörden an und fordern ihre Freilassung. Die chinesische Regierung vermutet, die USA hätten es auf das Unternehmen Huawei abgesehen.
Huawei ist einer der weltweit größten Telekommunikationsausrüster und führend bei der 5G-Technologie. Meng ist die älteste Tochter des Huawei-Firmengründers Ren Zhengfei. Insbesondere die USA werfen Huawei eine zu große Nähe zu den chinesischen Behörden vor und sehen den Konzern als Gefahr für ihre Cybersicherheit. Auch in Deutschland gibt es solche Befürchtungen.
Anwälte der kanadischen Regierung, die in dem Auslieferungsverfahren in Vancouver die US-Seite vertreten, führen an, dass Mengs Verteidiger ihre Argumente bei einer ordentlichen Gerichtsverhandlung vorbringen sollen – und dafür sollte Meng in die USA gebracht werden. Bis zur Entscheidung bleibt die 49-Jährige weiter unter strikten Auflagen auf einem Anwesen in Vancouver.
Die chinesische Regierung hatte sich immer wieder in den Fall eingeschaltet. Auf den Abschluss der Anhörungen reagierte das Außenministerium in Peking prompt: “Wir fordern Kanada auf, seinen Fehler sofort zu korrigieren, Meng Wanzhou freizulassen und ihr die sichere Rückkehr in ihre Heimat so bald wie möglich zu ermöglichen”, sagte eine Sprecherin.
Kanada und westliche Staaten werfen Peking im Zusammenhang mit dem Verfahren “Geiseldiplomatie” vor: Einige Tage nach Mengs Festnahme nahmen die chinesischen Behörden zwei Kanadier fest, den Geschäftsmann Michael Spavor und den ehemaligen Diplomaten Michael Kovrig. Beiden wurde wegen “Spionage” der Prozess gemacht. Gegen Spavor verhängte ein Gericht vergangene Woche eine elfjährige Haftstrafe. Das Urteil gegen Kovrig steht noch aus.
Kanadas Regierungschef Justin Trudeau bezeichnete die Vorwürfe gegen die kanadischen Staatsbürger als “erfunden” und die Verfahren als “absolut inakzeptabel und unrechtmäßig”. Das chinesische Außenministerium nannte den kanadischen Premier daraufhin “arrogant” und “lächerlich”.
Das Urteil im Fall Spavor erging einen Tag nachdem ein chinesisches Gericht das Todesurteil gegen den Kanadier Robert Lloyd Schellenberg wegen des Vorwurfs des Drogenhandels bestätigt hatte.
Quelle: AFP