Die Automobilindustrie befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Umbruch – helfen soll der Branche dabei ein milliardenschwerer “Zukunftsfonds”. Beim Autogipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch legte der zuständige Expertenausschuss seine Empfehlungen zur Verwendung der Mittel vor: Im Fokus stehen sollen dabei Hilfen für die vom Wandel besonders betroffenen Regionen sowie bei der Digitalisierung und dem Umstieg auf neue Antriebstechnik. Der Fonds umfasst eine Milliarde Euro für die Jahre 2021 bis 2025.
“Wir wollen, dass die Mobilität der Zukunft auch weiterhin Mobilität ‘made in Germany’ ist”, erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der Zukunftsfonds sei ein “wichtiges Instrument, um die Transformation in der Automobilindustrie zu begleiten und Arbeitsplätze zu sichern”.
Ziel sei, dass die deutsche Automobilindustrie “die klimafreundlichen Autos der Zukunft baut, neue Arbeitsplätze entstehen und Wertschöpfung erhalten bleibt”, erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Dazu diene auch der Zukunftsfonds Automobilindustrie.
Nach Angaben des Finanzministeriums einigte sich die Bundesregierung auf der Grundlage des Berichts des Expertenausschusses auf die konkrete Ausgestaltung des Zukunftsfonds und begann auch bereits mit der Umsetzung. Seine Einrichtung war bereits im vergangenen November beschlossen worden. In den vergangenen Monaten hatte der Expertenrat konkrete Empfehlungen ausgearbeitet.
Diese sehen vor, dass es nun einerseits regionale Kooperationen zur Entwicklung und Umsetzung von Transformationsstrategien vor Ort geben soll. Dafür sind nach Angaben des Wirtschaftsministeriums insgesamt 340 Millionen Euro vorgesehen. Mit weiteren 340 Millionen Euro wird demnach die Digitalisierung der Automobilindustrie unterstützt und mit 320 Millionen Euro soll die “Mobilität der Zukunft” gestärkt werden – ein Schwerpunkt liegt hierbei nach Ministeriumsangaben auf der “Befähigung des Mittelstands für die Elektromobil-Produktion und der Produktion von E-Antrieben und Brennstoffzellen”.
Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, begrüßte den Zukunftsfonds ausdrücklich. “Unser Ziel ist es, die Transformation zu einem Job-, Wachstums- und Wirtschaftsmotor zu machen”, erklärte sie. Bereits im nächsten Frühjahr könne die deutsche Automobilindustrie beim Verkauf von Elektroautos weltweit führend sein. Wichtig dafür sei aber eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur. “Die aktuellen Ausbaupläne in Deutschland und Europa reichen nicht aus”, kritisierte Müller.
Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderte einen schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur und Planungssicherheit für die Unternehmen. “Ständige neue Vorgaben für technische, aber nicht notwendige Nachrüstungen zögern den Ausbau hinaus und verteuern ihn unnötig”, erklärte die BDEW-Vorsitzende Kerstin Andreae. Nötig seien insbesondere die schnelle und unbürokratische Bereitstellung von Flächen und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.
Die Umweltorganisation BUND kritisierte, dass der Autogipfel ohne Vertreter von Umwelt- und Klimaschutzbewegungen stattgefunden habe. “Eine faktische Halbierung der Treibhausgase im Verkehr innerhalb der nächsten neun Jahre ist notwendig”, erklärte BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock. Sie forderte konkrete Beschlüsse zum Verbrennerausstieg und zum Tempolimit. “Wir haben keine Zeit mehr für halbe Sachen”, erklärte sie.
Kanzlerin Merkel hatte am Mittwoch die Mitglieder der Konzertierten Aktion Mobilität zum nunmehr sechsten Spitzengespräch zur Zukunft des Automobilstandorts Deutschland geladen. Zu den Mitgliedern des Formats zählen neben Vertretern der Koalition und Ministerpräsidenten aus Bundesländern mit großen Herstellern der Branche auch Vertreter der Autoindustrie, der Arbeitnehmer, der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) sowie der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Diskutiert wurden auch die Vorschläge des “Fit for 55”-Pakets der EU-Kommission zur Erreichung der Klimaziele.
Quelle: AFP