Regierung und Opposition des südamerikanischen Krisenlandes Venezuela haben sich auf die Einleitung eines Dialogs verständigt, der das Abhalten von Präsidentschaftswahlen und die Lockerung internationaler Sanktionen ermöglichen könnte. Vertreter beider Seiten unterzeichneten am Freitagabend (Ortszeit) in Mexiko-Stadt eine Vereinbarung, Gespräche zur Beendigung der seit Jahren andauernden politischen und wirtschaftlichen Krise im Land aufzunehmen. Gastgeber des Treffens war die mexikanische Regierung, Norwegen trat als Vermittler auf.
In Venezuela tobt seit Jahren ein erbitterter Machtkampf zwischen demumstrittenen linkgerichteten Staatschef Nicolás Maduro und der Opposition um Juan Guaidó, der von westlichen Ländern wie den USA unterstützt und als Venezuelas Staatschef anerkannt wird. Maduro hat sich bisher aber an der Macht halten können – trotz der verheerenden Wirtschaftslage in dem ölreichen Land.
Die Gespräche zwischen Regierung und Opposition fanden in Mexikos Nationalem Museum für Anthropologie statt. In Maduros Namen unterzeichnete Jorge Rodríguez die Absichtserklärung für einen “umfassenden Dialog und Verhandlungsprozess”. Verhandlungsführer der Regierungsgegner war Gerardo Blayde vom Oppositionsbündnis Plataforma Unitaria.
Beide Seiten wollen sich am 30. August erneut in Mexiko treffen, um eine Verhandlungsagenda mit sieben Punkten auszuhandeln. Maduros Rücktritt dürfte darin nicht vorkommen, obwohl die Opposition ihm vorwirft, sich 2018 durch Wahlbetrug ein sechsjähriges Mandat gesichert zu haben.
Bereits 2018 und 2019 hatte es in den Karibik-Staaten Dominikanische Republik und Barbados Verhandlungen der beiden Seiten über die Aufnahme eines Dialogs gegeben – allerdings erfolglos.
Maduro lobte die nun erzielte Einigung auf einen Dialog im Onlinedienst Twitter. Im Vorfeld hatte er gewarnt, er werde “Erpressung oder Drohungen” der USA nicht nachgeben. Maduros Delegationschef, Parlamentspräsident Rodríguez, mahnte schnelle Vereinbarungen an, um das Leben der Venezolaner zu erleichtern und die Wirtschaft zu entlasten.
Oppositionsführer Guaidó erklärte, in dem Dialog seien manche Lösungen “nicht einfach” zu erzielen. Ein Scheitern der Verhandlungen würde aber “den Konflikt vertiefen”.
Der venezolanische Politikwissenschaftler Pedro Benítez erklärte, bei dem Dialog sei eine Einigung denkbar, bei der “keiner von ihnen den anderen erdrücken kann”.
Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte eine ganze Reihe von Sanktionen gegen Venezuela erlassen. Sein Nachfolger Joe Biden stellte dem südamerikanischen Land eine Lockerung der Strafmaßnahmen in Aussicht, wenn die Verhandlungen über Neuwahlen vorankämen. Auch die Europäische Union und Kanada haben für diesen Fall eine Lockerung ihrer Sanktionen in Aussicht gestellt.
Trotz seines Ölreichtums steckt Venezuela seit Jahren in einer tiefen Wirtschaftskrise. Das Bruttoinlandsprodukt ging seit 2014 um 80 Prozent zurück. Im Zuge der Krise verließen rund fünf Millionen Venezolaner ihr Land.
Maduro hatte die Regierungsführung in Venezuela 2013 nach dem Tod von Staatschef Hugo Chávez übernommen. Er weiß die Armee sowie Kuba, China und Russland hinter sich.
Dass Maduro vollständig freie und faire Präsidentschaftswahlen zulässt, hält Peter Hakim von der Washingtoner Denkfabrik Inter-American Dialogue für unwahrscheinlich. Schließlich sei die Oppostion “gespalten wie nie, ohne wirksame Strategie und bei der internationalen und regionalen Unterstützung geschwächt”.
Quelle: AFP