In Frankreich sind den fünften Samstag in Folge zehntausende Menschen gegen die Verschärfung der Corona-Regeln auf die Straße gegangen. Im ganzen Land gab es insgesamt 217 Kundgebungen, an ihnen nahmen nach Angaben des Innenministeriums knapp 215.000 Menschen teil. Damit ging die Zahl der Teilnehmer erstmals seit Beginn der Proteste Mitte Juli zurück.
Die Demonstranten protestieren gegen die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal sowie die Ausweitung der Nachweispflicht auf fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Für den Besuch etwa von Cafés, Restaurants, Kinos oder Krankenhäusern sowie die Nutzung von Fernzügen ist nun der Nachweis einer Impfung, Genesung oder eines Negativ-Tests notwendig, der sogenannte Gesundheitspass. Bei deutschen Touristen reichen im Allgemeinen die zu Hause ausgestellten Nachweise.
Nach Angaben der Präfektur von Paris wird der Nachweis ab Montag auch für den Besuch der fünf großen Kaufhäuser Galeries Lafayette, Printemps, Samaritaine, BHV und Le Bon Marché sowie für vier Einkaufszentren mit einer Fläche von über 20.000 Quadratmetern verlangt. Auch in anderen Regionen, vor allem im Süden, sind Einkaufszentren und Kaufhäuser von der Nachweispflicht betroffen.
Präsident Emmanuel Macron hofft, mit Hilfe der Maßnahmen die jüngste Corona-Welle in den Griff zu bekommen und erneute Lockdowns zu vermeiden. Viele Demonstranten lehnen die Maßnahmen jedoch als Einschränkung ihrer Grundfreiheiten ab.
Am vergangenen Samstag waren nach Behördenangaben etwas über 237.000 Menschen auf die Straße gegangen, mehr als doppelt so viele wie zu Beginn der Demonstrationen Mitte Juli. Wie schon zuvor verliefen die Proteste laut den Behörden friedlich. Sie vereinen ein großes Spektrum an Kritikern der Corona-Politik der Regierung, darunter neben Impfgegnern auch Rechtsextreme, Aktivisten der “Gelbwesten”-Bewegung und Verfechter der bürgerlichen Freiheiten.
In Paris fanden zwei getrennte Protestmärsche statt. Einer war von den “Gelbwesten” organisiert, zu dem anderen hatten der frühere Chefstratege der Rechtspopulistin Marine Le Pen, Florian Philippot, und dessen neue Bewegung “Les Patriotes” aufgerufen. Der Pariser Polizeichef Didier Lallement berichtete auf Twitter von einigen antisemitischen Parolen auf Protestplakaten.
Seit der Ankündigung der verschärften Regeln hat die Impfkampagne in Frankreich an Fahrt gewonnen, und die Regierung hofft, dass bis Ende August 50 Millionen Menschen mindestens einmal geimpft sein werden. Bisher haben knapp 46,3 Millionen Menschen ihre erste Dosis erhalten, über 39 Millionen und damit rund 57,9 Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft.
Frankreich kämpft derzeit gegen eine vierte Corona-Welle. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden mussten in der vergangenen Woche 5.298 Menschen mit einer Covid-19-Erkrankung ins Krankenhaus; in der Woche davor waren es 4.574 Einweisungen
Quelle: AFP