Polnische Regierung bringt umstrittenes Mediengesetz nicht durchs Parlament

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Einen Tag nach dem Zerbrechen der nationalkonservativen Regierungskoalition in Polen hat das Parlament eine Abstimmung über ihr umstrittenes Mediengesetz verhindert. Mit einer knappen Mehrheit von 229 gegen 227 Stimmen schaffte es die Opposition am Mittwoch, die Sitzung zu unterbrechen. Damit konnte nicht – wie von der Regierung geplant – über das Gesetz abgestimmt werden. 

Es war die vierte Abstimmung, die die Regierung am Mittwoch im 460 Sitze zählenden Unterhaus verlor. “Die parlamentarische Mehrheit, die mit dem Schlamm von Korruption und Erpressung zusammengeklebt ist, bröckelt”, schrieb der ehemalige EU-Ratspräsident Donald Tusk, der die oppositionelle Bürgerplattform (PO) kommissarisch leitet, auf Twitter. Dies könne noch eine Weile so weitergehen, aber die Regierung sei nicht mehr in der Lage zu regieren. 

Der Gesetzesentwurf zu dem umstrittenen Mediengesetz war einer der Auslöser für das Zerwürfnis zwischen der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und ihrem Juniorpartner, der Partei Verständigung.

Das Gesetzesvorhaben würde es Firmen außerhalb Europas verbieten, mehr als 49 Prozent an polnischen Medienunternehmen zu besitzen. Damit könnte der US-Medienkonzern Discovery gezwungen sein, die Mehrheit seiner Anteile am regierungskritischen polnischen Privatsender TVN zu verkaufen. 

Kritiker sehen darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Medienfreiheit. Am Dienstagabend fanden deshalb in mehreren polnischen Städten Proteste gegen das Vorhaben statt.

Das Ausscheiden der Partei Verständigung aus der Koalition bedeutet jedoch nicht per se das Ende für die von der PiS angeführte nationalkonservative Regierung. Nach dem Rückzug ihres Juniorpartners ist die PiS nun auf die Unterstützung von Abgeordneten anderer Parteien aus dem rechten Spektrum angewiesen.

Die Partei Verständigung hatte sich am Dienstag aus dem Bündnis zurückgezogen. Sie reagierte damit auf Morawieckis Entscheidung, ihren Vorsitzenden Jaroslaw Gowin als Vize-Regierungschef abzuberufen. Hintergrund ist neben dem umstrittenen Mediengesetz auch ein Streit über die Steuerpolitik.

In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen zwischen Gowins Partei und der PiS zugenommen. Anlass waren unter anderem geplante Steuererhöhungen, die der Vize-Regierungschef ablehnte. Gowin kritisierte zudem das geplante neue Mediengesetz. Die sogenannte Lex TVN verstoße eindeutig gegen den Grundsatz der Medienfreiheit, sagte Gowin. Er warnte zudem vor einem Konflikt mit dem Verbündeten USA.

Quelle: AFP

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