Die Bundesanwaltschaft hat einen Mitarbeiter der britischen Botschaft in Berlin wegen des Verdachts auf Spionage für Russland festnehmen lassen. David S. soll einem russischen Geheimdienst gegen Geld Dokumente übergeben haben, wie die Behörde am Mittwoch in Karlsruhe mitteilte. Die Bundesregierung verurteilte den mutmaßlichen Spionagefall, den jüngsten in einer Reihe ähnlicher Verdachtsfälle.
Am Mittwoch wurde S. dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe vorgeführt, der den Haftbefehl in Vollzug setzte. Bei den Ermittlungen arbeiteten deutsche und britische Behörden zusammen, erklärte die Bundesanwaltschaft. Die Festnahme am Dienstag in Potsdam sei das Ergebnis dieser Ermittlungen.
Der britische Staatsbürger S. ist kein Diplomat, sondern war laut Mitteilung bis zu seiner Verhaftung als Ortskraft bei der Botschaft tätig. Der britischen Polizei zufolge ist er 57 Jahre alt. Mindestens einmal soll er einem Geheimdienstvertreter Dokumente übermittelt haben, an die er durch seine berufliche Tätigkeit gelangt sein soll, wie die Bundesanwaltschaft erklärte. Dafür soll S. Bargeld in noch unbekannter Höhe bekommen haben.
Das Bundeskriminalamt durchsuchte am Dienstag auch die Wohnung und den Arbeitsplatz des Beschuldigten. Die britische Polizei teilte mit, dass sie in dem Fall weiter mit den deutschen Behörden zusammenarbeite. Die Federführung bei den Ermittlungen liege aber in deutscher Hand.
Eine Sprecherin der britischen Regierung bestätigte in London die Festnahme, wollte sich aber wegen der laufenden Ermittlungen nicht weiter äußern. Die oppositionelle Labour-Partei kritisierte die Regierung scharf, weil der für Sicherheit zuständige Ministerposten seit dem Rückzug des bisherigen Amtsinhabers James Brokenshire vor einem Monat vakant ist.
Die Beziehungen zwischen Großbritannien und Russland gelten seit Jahren als angespannt. London wirft dem Kreml unter anderem vor, hinter dem Giftanschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal 2018 zu stecken.
Die Bundesregierung in Berlin erklärte, sie nehme die Hinweise, “dass die geheimdienstliche Tätigkeit des Festgenommenen im Auftrag eines russischen Nachrichtendienstes erfolgte”, sehr ernst. “Geheimdienstliches Ausspähen eines engen Bündnispartners auf deutschem Boden ist nichts, was wir akzeptieren können”, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.
Ähnlich äußerte sich auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). “Wir stehen in voller Solidarität zu unseren britischen Freundinnen und Freunden”, sagte er bei einer Pressekonferenz mit seinem bahrainischen Amtskollegen Raschid al-Sajani, den er in Berlin empfing. Die weiteren Ermittlungen würden sehr genau verfolgt – “und dort, wo das gewünscht, notwendig und möglich ist, werden wir sie auch unterstützen”.
Erst im Juni hatte die Bundesanwaltschaft den russischen Mitarbeiter einer deutschen Universität wegen des Vorwurfs der Spionage für Moskau festnehmen lassen. Er soll wissenschaftliche Informationen an einen russischen Auslandsgeheimdienst übergeben haben. Im Februar hatte die Bundesanwaltschaft Anklage gegen einen Deutschen erhoben, der im Jahr 2017 Grundrisse des Bundestags an Russland weitergegeben haben soll.
Quelle: AFP