Chinesisches Gericht verurteilt Kanadier wegen Spionage-Vorwürfen zu elf Jahren Haft

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Erneuter Schlag für die Beziehungen zwischen Kanada und China: Der kanadische Geschäftsmann Michael Spavor ist wegen des Vorwurfs der Spionage in China zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht in der Stadt Dandong erklärte Spavor am Mittwoch der “Spionage und der illegalen Weitergabe von Staatsgeheimnissen” für schuldig. Kanada, die EU, die USA, Deutschland und Frankreich kritisierten die Gerichtsentscheidung scharf und forderten Spavors Freilassung.

Spavor war im Dezember 2018 zusammen mit seinem Landsmann Michael Kovrig  – einem ehemaligen kanadischen Diplomaten – festgenommen worden. Im Juni vergangenen Jahres wurden die beiden der Spionage angeklagt, ihre Prozesse fanden im März statt. Spavors Gerichtsverhandlung dauerte nur drei Stunden. Beobachter waren nicht zugelassen.

Laut dem kanadischen Botschafter in China, Dominic Barton, werfen die chinesischen Behörden Spavor unter anderem vor, verbotene Fotos von Militärflugzeugen gemacht zu haben. Laut dem Diplomaten hat Spavor die Möglichkeit, in Berufung zu gehen.

Der Geschäftsmann selbst dankte allen in einer Botschaft nach der Urteilsverkündung für die Unterstützung und erklärte: “Ich bin guten Mutes. Ich möchte nach Hause.”

Kanadas Premierminister Justin Trudeau bezeichnete das Urteil als “absolut inakzeptabel und unrechtmäßig”. “Dem Urteil für Herrn Spavor gingen mehr als zweieinhalb Jahre willkürlicher Inhaftierung, ein Mangel an Transparenz im Gerichtsverfahren und ein Prozess voraus, der nicht einmal die vom internationalen Recht geforderten Mindeststandards erfüllte”, erklärte er.

Spavors Familie hatte beteuert, dass er unschuldig sei und als Geschäftsmann viel für den Aufbau “konstruktiver Beziehungen” zwischen Kanada, China und Nordkorea getan habe. Dank seiner Kontakte zu Nordkoreas Führungsriege spielte der Kanadier die Rolle eines Vermittlers zwischen ausländischen Gesprächspartnern und den Behörden des international isolierten Landes.

Das Vorgehen der chinesischen Behörden gegen Spavor und Kovrig sorgt seit geraumer Zeit für diplomatischen Streit zwischen Kanada und China. Ihre Festnahme Ende 2018 wird als Vergeltungsmaßnahme für die Inhaftierung der chinesischen Huawei-Spitzenmanagerin Meng Wanzhou in Kanada wenige Tage zuvor gewertet – und als Druckmittel gegen die Regierung in Ottawa.

Peking hatte die Festnahme Mengs als “politisches” Manöver angeprangert und Ottawa aufgefordert, die Führungskraft “unverzüglich freizulassen”. Gleichzeitig hatte China bestritten, die beiden inhaftierten Kanadier als Verhandlungsmasse zu benutzen.

Die Finanzchefin des chinesischen Technologieriesen war auf Betreiben der USA bei einer Zwischenlandung im kanadischen Vancouver festgesetzt worden. Washington wirft ihr Verstöße gegen die Iran-Sanktionen vor und verlangt ihre Auslieferung an die USA. Mengs Auslieferungsverfahren ist inzwischen weit fortgeschritten. Mit einer Entscheidung in dieser Sache ist allerdings erst in einigen Monaten zu rechnen. 

Das Urteil im Fall Spavor erging einen Tag nachdem ein chinesisches Gericht das Todesurteil gegen den Kanadier Robert Lloyd Schellenberg wegen des Vorwurfs des Drogenhandels bestätigt hatte.

International rief Spavors Verurteilung Empörung hervor. Der Kanadier habe kein “faires Verfahren” erhalten, kritisierte eine EU-Sprecherin. EU-Ratspräsident Charles Michel forderte auf Twitter Spavors Freilassung: “Willkürliche Inhaftierungen haben keinen Platz in den internationalen Beziehungen.”

Spavor und Kovrig müssten “sofort und bedingungslos” freigelassen werden, verlangte auch US-Außenminister Antony Blinken. “Die Praxis willkürlicher Inhaftierungen von Personen, um Druck auf ausländische Regierungen auszuüben, ist völlig inakzeptabel.” 

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete die Urteile gegen Spavor und Schellenberg als “weiteren schweren Schlag gegen das selbstgesteckte Ziel der chinesischen Führung, die Rechtstaatlichkeit zu stärken”. Der Prozess gegen Spavor sei hinter verschlossen Türen abgehalten und seine konsularischen Rechte seien auf völkerrechtswidrige Weise eingeschränkt worden, fügte er hinzu. Auch Frankreich verurteilte den “willkürlichen Charakter” der beiden Urteile “aufs Schärfste”. 

Quelle: AFP

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