Lokführer kündigen Streik an – Bahn verringert Fernverkehrsangebot

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Bahnreisende müssen sich bundesweit auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen: Im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn (DB) hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zu Streiks aufgerufen. Ab Dienstagabend sollten erste Arbeitskampfmaßnahmen im Güterverkehr beginnen, ab Mittwochmorgen 02.00 Uhr dann auch Streiks im gesamten Personenverkehr und der Infrastruktur, wie GDL-Chef Claus Weselsky in Frankfurt am Main sagte. Die Bahn reagierte mit Ersatzfahrplänen und kritisierte die Streiks als “unnötig und völlig überzogen”.

Dauern sollen die Arbeitskampfmaßnahmen bis Freitagmorgen um 02.00 Uhr. Mit diesem Zeitfenster versucht die GDL nach eigenen Angaben, den Ferien- und Wochenendverkehr nicht zu stark zu beeinträchtigen. Laut Gewerkschaftschef Weselsky hatten in einer Urabstimmung der GDL 95 Prozent der Teilnehmenden für die Maßnahmen gestimmt, die Wahlbeteiligung lag bei rund 70 Prozent.

Weselsky wertete das Abstimmungsergebnis als Zeichen der Unzufriedenheit in der Belegschaft. “Wir haben vor, dem Management zu zeigen, dass die eigenen Mitarbeiter unzufrieden sind, mit dem was hier läuft”, sagte er. Das zuletzt von der Arbeitgeberseite vorgelegte Angebot sei “nicht verhandelbar”.

Weselsky gab dem Bahn-Management die Schuld für die Eskalation. “Wer den Arbeitnehmern in die Taschen greifen will und sich selbst schamlos bedient, hat eine Antwort verdient, wie wir sie geben werden”, sagte Weselsky. Die Gewerkschaft sei sich ihrer Verantwortung bewusst. Jedoch: Es gebe “keinen günstigen Zeitpunkt” für einen Streik, “nicht mal nachts”.

Die Bahn kritisierte die Ankündigung der GDL scharf und sprach von einer “unnötigen Eskalation auf dem Rücken der Bahnkunden”. “Die GDL-Spitze eskaliert zur Unzeit”, erklärte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. Kritik gab es auch an der Kurzfristigkeit der angekündigten Maßnahmen.

Die Bahn erstellte einen Ersatzfahrplan: Ab Mittwochmorgen fahre der Fernverkehr nur noch mit 25 Prozent Kapazität, auch im Nahverkehr müsse mit Einschränkungen gerechnet werden. Bereits gebuchte Fahrkarten für betroffene Strecken behalten ihre Gültigkeit demnach bis zum 20. August, die Zugbindung entfällt. Auch eine kostenfreie Erstattung der Zugtickets ist möglich. 

Die Bahn rechnet zudem an den Streiktagen mit einer sehr hohen Auslastung der verbleibenden Züge und wies auf die Maskenpflicht hin. Außerdem richtete sie eine kostenfreie Sonderhotline ein (08000/996633). 

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bezeichnete die Eskalation als “bedauerlich”. Alle Beteiligten müssten ein Interesse daran haben, das Vertrauen in die Bahn als zuverlässiges Verkehrsmittel aufrechtzuerhalten. “Deshalb sollten beide Seiten schnellstmöglich an den Verhandlungstisch zurückkehren, denn nur hier kann eine Lösung gefunden werden”, erklärte Scheuer.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer kritisierte die Streikankündigung. “Beide Tarifpartner sollten nicht vergessen, dass der Steuerzahler während Corona die Bahn mit zweistelligen Milliardenbeträgen unterstützt hat”, sagte er dem “Handelsblatt”.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol rief alle Akteure, “insbesondere Herrn Weselsky”, zu konstruktiver Zusammenarbeit auf. Die wirtschaftliche Erholung des Konzerns stehe noch “auf sehr wackeligen Beinen”. Diese Erholung nicht zu gefährden, sollte das Ziel aller Beteiligten sein.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch verteidigte die GDL gegen Kritik. Verantwortlich für den Arbeitskampf sei die Konzernleitung. Bartsch forderte den Bund als Eigentümer auf, den Streik mit einem Einigungsangebot abzuwenden.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erklärte, durch den Bahnstreik könnten der deutschen Wirtschaft täglich Schäden von bis zu 100 Millionen Euro entstehen. Sollten sich Fahrdienstleiter in größerem Ausmaß an dem Arbeitskampf beteiligen, könnte der gesamte Schienenverkehr betroffen sein und die Kostenrechnung so weiter steigen.

Weitere Streiks über den Freitag hinaus will die Gewerkschaft nun vom Verhalten der Arbeitgeberseite abhängig machen. Die Bahn hält eine Einigung über die “materiellen Forderungen für möglich” und rief die GDL zurück an den Verhandlungstisch.

Quelle: AFP

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