In New York hat die Auswahl der Geschworenen für den ersten Missbrauchsprozess gegen R&B-Star R. Kelly begonnen. Der 54-jährige Musiker erschien am Montag in einem blauen Anzug und äußerlich ungerührt im Gerichtssaal, wo die Befragung der Kandidaten für die Jury stattfand. R. Kelly wird in dem Verfahren unter anderem sexueller Missbrauch Minderjähriger, Entführung und Erpressung in den Jahren 1994 bis 2018 vorgeworfen.
Laut Anklage wurden für Kelly systematisch junge Mädchen “rekrutiert”, um Sex mit dem einstigen Superstar zu haben. Dabei sei ihnen auch eine Geschlechtskrankheit Kellys verschwiegen worden. Wenn Kelly auf Tour war, sollen die Opfer in Hotelzimmern eingesperrt worden sein. Ziel sei gewesen, die Mädchen und jungen Frauen zu isolieren und finanziell abhängig zu machen.
Insgesamt sollen für den Prozess vor einem Gericht im New Yorker Stadtteil Brooklyn zwölf Geschworene und sechs Ersatz-Geschworene ausgewählt werden. Sie sollen anonym bleiben und während des Verfahrens teilweise von der Öffentlichkeit abgeschirmt werden.
Am Montag wurden dutzende Kandidatinnen und Kandidaten befragt, 18 von ihnen wurden bereits aussortiert. Eine abgelehnte Kandidatin hatte etwa angegeben, dass Frauen “nicht lügen” würden, wenn sie jemand der Vergewaltigung oder des Missbrauchs bezichtige. Eine andere Frau gab an, dass sie als Kind ähnlichen Missbrauch erlebt habe wie die mutmaßlichen Opfer Kellys. Beide wurden von der Vorsitzenden Richterin Ann Donnelly ausgemustert.
Die Auswahl der Geschworenen ist in US-Strafprozessen äußerst wichtig: Die Zusammensetzung der Jury hat großen Einfluss darauf, ob ein Angeklagter schuldig gesprochen oder freigesprochen wird.
Der eigentliche Prozess soll dann am 18. August beginnen und mindestens vier Wochen dauern. Aufgrund der Corona-Pandemie dürfen Zuschauer nicht direkt im Gerichtssaal sitzen. Stattdessen müssen Journalisten und weiteres Publikum den Prozess von anderen Räumen auf Bildschirmen verfolgen.
Gegen den durch Hits wie “I Believe I Can Fly” bekannten Sänger und Komponisten waren bereits vor rund 25 Jahren erste Vorwürfe laut geworden. Ein Prozess endete jedoch mit Freispruch, andere Verfahren wurden außergerichtlich beigelegt.
Eine Dokumentationsserie Anfang 2019 führte dann zu neuen Ermittlungen und zu Kellys Inhaftierung. Gegen den 54-Jährigen, der in Brooklyn in Untersuchungshaft sitzt, sind noch weitere Verfahren in anderen US-Bundesstaaten anhängig. Er weist alle Vorwürfe zurück.
Quelle: AFP