Angesichts der sich ausweitenden Kämpfe im Norden Äthiopiens hat Ministerpräsident Abiy Ahmed die Bevölkerung zur Generalmobilmachung aufgerufen. “Jetzt ist die richtige Zeit für alle fähigen und erwachsenen Äthiopier, sich den Streitkräften, Spezialeinheiten und Milizen anzuschließen und ihren Patriotismus zu zeigen”, erklärte er am Dienstag. Der Appell erfolgte weniger als zwei Monate, nachdem Abiy einen einseitigen Waffenstillstand für die Konfliktregion Tigray ausgerufen hatte.
Äthiopische Regierungstruppen hatten im November die in Tigray regierende Gruppe TPLF angegriffen, nach Regierungsangaben als Reaktion auf Attacken der TPLF auf Armeestellungen. Im Juni eroberten mit der TPLF verbündete Kämpfer die Regionalhauptstadt Mekele zurück, die äthiopische Armee zog sich weitgehend zurück.
Seitdem drang die TPLF in die Nachbarregionen Afar im Osten und Amhara im Süden vor. In der vergangenen Woche nahmen ihre Kämpfer die Unesco-Welterbestätte Lalibela in Amhara ein.
Abiy wies die Armee am Dienstag an, “die Zerstörung durch die verräterische und terroristische TPLF-Organisation und die Umtriebe ausländischer Kräfte ein für alle mal zu stoppen”.
Die Vereinten Nationen stufen die Lage der Zivilisten in Tigray und der angrenzenden Regionen als verheerend ein. 400.000 Menschen droht demnach Hunger.
Wie die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag von Ärzten erfuhr, wurden bei einem Anschlag auf vertriebene Zivilisten in Afar am vergangenen Donnerstag mindestens zwölf Menschen getötet und dutzende weitere verletzt. Die meisten der rund 50 Verletzten hätten Schusswunden erlitten, sagte der Direktor eines Krankenhauses in der Stadt Galicoma. Demnach gaben die Überlebenden an, von Kämpfern der TPLF angegriffen worden zu sein. Die TPLF selbst erklärte am Montagabend, sie sei am Donnerstag in Galicoma von äthiopischen Soldaten attackiert worden.
Vertreter der Regionalregierung von Afar sprachen von weitaus höheren Totenzahlen durch den Anschlag. Die Chefin des Büros für Frauen und Kinder in Afar, Ayish Yasin, sagte zu AFP, es seien bislang 200 Leichen von Zivilisten gefunden worden, 48 weitere würden noch vermisst. Bei mehr als hundert der Toten handele es sich um Kinder.
Bereits am Montag hatte sich Unicef-Chefin Henrietta Fore “extrem besorgt angesichts der Berichte über die Tötung von mer als 200 Menschen” in Afar gezeigt. Weitere Angaben zu dem Vorfall machte Unicef nicht.
Quelle: AFP