Die Allianz pro Schiene hat der scheidenden Bundesregierung eine gemischte Bilanz bei der Bahnpolitik ausgestellt. Zwar seien die jährlichen Investitionen in die Schiene zwischen 2016 und 2020 von 64 Euro auf 88 Euro pro Kopf und damit um knapp 38 Prozent gestiegen, teilte das Bündnis am Mittwoch mit. Jedoch erreiche Deutschland damit weiterhin international “nicht einmal Mittelmaß”. Das Verkehrsministerium verwies auf geplante “massive” Investitionen.
Deutschland habe im vergangenen Jahr “so viel in den klimafreundlichen Verkehrsträger investiert wie nie zuvor”, würdigte die Allianz pro Schiene. Die Regierung habe “mit einer deutlichen Aufstockung der Etats für einen deutschen Höchststand gesorgt”, sagte Geschäftsführer Dirk Flege. Jedoch bleibe der Abstand zur europäischen Spitze “gewaltig”.
Luxemburg investierte demnach zuletzt 567 Euro, die Schweiz 440 Euro und Österreich 249 Euro pro Kopf in die Schiene. Hinter Deutschland lagen demnach Frankreich und Spanien mit 49 beziehungsweise 40 Euro an Investitionen.
Die Bundesregierung habe zudem anders als andere europäische Länder der Schiene nicht den “Vorrang in der Verkehrspolitik” eingeräumt – die Regierung gebe mehr Geld für Fernstraßen aus (52 Prozent) als für die Schiene (48 Prozent), lautete die Kritik. In Luxemburg stehen demnach auf der Bahnseite 69 Prozent, in Österreich 67 Prozent und in der Schweiz 63 Prozent.
Das Bundesverkehrsministerium erklärte, für 2022 sei im Haushalt erstmals mehr Geld für die Schiene vorgesehen als für die Straße. “Das gab es zuvor noch nie”, erklärte ein Sprecher. Außerdem sei in der laufenden Legislatur das größte Investitions- und Modernisierungsprogramm für die Schiene aufgelegt worden, das es je gegeben habe. Allein 2021 seien Investitionen in Höhe von 8,5 Milliarden Euro vorgesehen – nach 7,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.
Die Allianz pro Schiene – ein Verbund aus Umweltorganisationen, Hochschulen und Bahnunternehmen – sowie die Unternehmensberatung SCI Verkehr verwiesen bei der Vorstellung ihres Rankings indes auch darauf, dass mit den gestiegenen Investitionen “zum großen Teil nur die massiven Steigerungen der Baukosten” ausgeglichen worden seien. Sie bedeuteten “nicht eins zu eins mehr Schiene”.
Allianz pro Schiene und SCI Verkehr forderten die nächste Regierung auf, vor allem den Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur zu beschleunigen, denn dort seien die Mittel zuletzt sogar gekürzt worden. Die Nachfrage nach der Schiene werde weiter steigen, nötig seien neben mehr finanziellen Mitteln dabei aber auch “eine veränderte Planung und eine zügigere Umsetzung”. Dabei dürfe die Bewältigung der jüngsten Hochwasserschäden nicht zu Kürzungen an anderer Stelle führen.
Quelle: AFP