Versicherer rechnen nach Flutkatastrophe mit Schäden von bis zu fünf Milliarden Euro

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Die Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat nach einer ersten Schätzung der Versicherungswirtschaft Milliardenschäden verursacht. “Wir rechnen momentan mit versicherten Schäden in Höhe von vier bis fünf Milliarden Euro”, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen, am Mittwoch in Berlin. Erwartet wird demnach, dass 2021 das schadenträchtigste Jahr seit 2002 wird. 

Die Schäden der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands dürften “sogar noch über denen des August-Hochwassers im Jahr 2002 von 4,65 Milliarden Euro liegen”, erklärte Asmussen zur ersten Schätzung der Versicherer. Damals hatte das sogenannte Jahrhunderthochwasser vor allem an Elbe und Donau massive Schäden hinterlassen.

Die aktuelle Flutkatastrophe gehöre damit “zu den verheerendsten Unwettern der jüngeren Vergangenheit”, hob Asmussen hervor. Noch nicht in der Schätzung enthalten sind die Hochwasserschäden in Sachsen und Bayern, wo es zuletzt ebenfalls Überschwemmungen gegeben hatte.

Außerdem erschwert nach Angaben des GDV die zerstörte Infrastruktur die Kommunikation und die Besichtigung der Schäden vor Ort. Die Bewertung durch die Versicherer dauere deshalb noch an. Eine aktualisierte Schätzung will der Verband in der kommenden Woche veröffentlichen.

Laut Asmussen arbeiten die Versicherer seit Tagen unter Hochdruck an der Schadenbegutachtung und -regulierung in den betroffenen Gebieten. “Insgesamt dürfte dieses Jahr mit Stürmen, Überschwemmung, Starkregen und Hagel zum schadenträchtigsten Jahr seit 2002 werden”, erklärte er. Damals lag der versicherte Unwetterschaden bei 10,9 Milliarden Euro. 2021 hatten bereits im Juni Starkregen und Hagel nach GDV-Angaben einen geschätzten versicherten Schaden von 1,7 Milliarden Euro verursacht.

Angesichts der Hochwasserkatastrophe und Warnungen vor einer weiteren Zunahme von Extremwetterereignissen sieht die Versicherungsbranche viele Menschen nicht ausreichend geschützt – auch aus Unwissen. Bundesweit sind derzeit zwar fast alle Wohngebäude gegen Sturm und Hagel abgesichert, wie der GDV ausführte. Allerdings haben nur 46 Prozent der Hausbesitzer den Schutz vor weiteren Naturgefahren wie Starkregen und Hochwasser. Asmussen riet daher zur Überprüfung und Anpassung des Versicherungsschutzes.

“Viele Eigentümer unterschätzen die Gefahr starker Regenfälle für ihr Haus”, sagte der GDV-Hauptgeschäftsführer der “Passauer Neuen Presse” vom Mittwoch. “Oder sie schätzen den Umfang ihrer Wohngebäudeversicherung falsch ein”, fügte er hinzu.

Die massiven Schäden durch die Unwetter im Westen Deutschlands lösten zugleich Diskussionen über eine Pflichtversicherung für Gebäudebesitzer aus. Während Verbraucherschützer und Wirtschaftsexperten dies ins Spiel brachten, bekräftigte die Versicherungswirtschaft am Mittwoch ihre Vorbehalte. 

“Als einzelnes Instrument lehnen wir sie ab, weil sie den Anreiz nimmt, sich gegen Flut- und andere Extremwetterrisiken abzusichern”, erklärte Asmussen. Eine Pflichtversicherung könne nicht die Kosten der fehlenden Klimafolgenanpassung schultern, fügte er hinzu. “Sie wäre allenfalls dann sinnvoll, wenn sie in ein neues Gesamtkonzept für Flächen- und Bauplanung sowie den Katastrophenschutz eingebunden wäre.”

FDP-Chef Christian Linder plädierte unterdessen dafür, über eine “Klima-Haftpflicht” zu sprechen, “weil sich solche Ereignisse häufen”, wie er am Mittwoch in der Sendung “Bild live” sagte. Es müsse diskutiert werden, “wie wir zukünftig mit Elementarschäden umgehen, wie wir dort den Versicherungsschutz anders gestalten”. Die Frage sei: “Wie wird dann irgendwann ein Schaden, wenn er leider entstanden ist, getragen?”, sagte Linder. 

Problematisch sei, dass einige Versicherungsgesellschaften in hochwassergefährdeten Regionen solche Versicherungen gar nicht mehr anböten, sagte Lindner. Dabei komme es zu solchen Schadensereignissen infolge des globalen Klimawandels immer öfter.

Quelle: AFP

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