Nie zuvor war die Bundeswehr so lange in einem Auslandseinsatz – nun ist die Afghanistan-Mission der deutschen Streitkräfte beendet. Am Mittwoch kehrten die letzten deutschen Soldaten aus dem Feldlager Masar-i-Scharif nach Deutschland zurück. In drei Militärmaschinen landeten die 264 Bundeswehrangehörigen am Nachmittag auf dem Fliegerstützpunkt Wunstorf bei Hannover. Seit 2001 war die Bundeswehr in dem Land im Einsatz.
“Ein historisches Kapitel geht zu Ende”, erklärte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Mit der Rückkehr der Soldaten ende ein “intensiver Einsatz, der die Bundeswehr gefordert und geprägt hat, bei dem sich die Bundeswehr im Kampf bewährt hat”. Die Ministerin dankte den rund als 160.000 Soldatinnen und Soldaten, die in Afghanistan im Einsatz waren.
Der Kommandeur der deutschen Soldaten in Afghanistan, Brigadegeneral Ansgar Meyer, wandte sich nach der Landung in Wunstorf an die zurückgekehrten Soldatinnen und Soldaten und sagte: “Mission accomplished – Sie haben Ihren Auftrag erfüllt.”
Die politische Bewertung in Deutschland fiel unterschiedlich aus. “Der militärische Einsatz ist wirklich grandios gescheitert”, sagte etwa Linken-Fraktionschef Dietmar Barsch in RTL. Der CDU-Außenexperte Johann Wadephul hingegen verwies auf einige Erfolge: Der Terror in Afghanistan sei zurückgedrängt, die Lage von Frauen und Mädchen habe sich verbessert, zudem habe Deutschland in der Nato Bündnistreue demonstriert.
Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) forderte eine kritische Aufarbeitung des Einsatzes durch den Bundestag. Eine Enquete-Kommission könnte “aufzeigen, was der Einsatz gebracht hat und was wir für aktuelle und künftige Einsätze lernen können”, erklärte Högl. Nötig sei eine kritische und ehrliche Bilanz”.
Die Rückkehr der letzten deutschen Soldaten nach fast 20 Jahren Bundeswehr-Einsatz bezeichnete Högl als “bewegenden Moment”. Der Einsatz habe “die Bundeswehr geprägt”. 59 Soldaten hätten in Afghanistan ihr Leben gelassen, viele seien “seelisch verwundet” worden.
Das Engagement der deutschen Soldaten in Afghanistan soll nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums im September mit einer zentralen Veranstaltung gewürdigt werden. Dort werde auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet.
Die abziehenden deutschen Soldaten lassen in Afghanistan hunderte einheimische Helfer zurück, die in dem Land erheblichen Gefahren ausgesetzt sind. Sie sollen mit ihren Familien nach Deutschland kommen dürfen; bis Mittwoch seien 2400 Visa für Ortskräfte und deren Angehörige erteilt worden, sagte eine Außenamtssprecherin.
Vertreter von Linken und Grünen, aber auch die Flüchtlingshilfsorganisation forderte eine rasche Ausreise der Ortskräfte. Der Umgang der Bundeswehr mit den Ortskräften, die in den vergangenen Jahren als Helfer für die deutschen Soldaten tätig waren, hatte vielfach für Kritik gesorgt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte daraufhin angekündigt, dass mehr Menschen in Deutschland aufgenommen werden sollen als zunächst geplant.
In den vergangenen Wochen waren bereits Soldaten und Material der Bundeswehr aus den verbliebenen Standorten in Kabul und Masar-i-Scharif nach Deutschland zurückgebracht worden. Auf dem Land- und Luftweg wurde laut Verteidigungsministerium Material im Umfang von rund 750 Container-Äquivalenten nach Deutschland transportiert.
Ursprünglich war der Abzug bereits zum 1. Mai anvisiert gewesen. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte den radikalislamischen Taliban dieses Datum in Aussicht gestellt. Der Termin wurde dann wegen fehlender Fortschritte in den Friedensgesprächen zwischen den Taliban und der Regierung in Kabul nicht eingehalten.
Der Bundestag hatte erstmals im Dezember 2001 das Mandat zur Entsendung nach Afghanistan erteilt – auf Antrag der rot-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Die damalige Regierung begründete den Einsatz vor allem mit der Bündnis-Solidarität nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001.
Quelle: AFP