Die äthiopische Regierung hat eine Waffenruhe in der Konfliktregion Tigray ausgerufen. Die “nicht an Bedingungen geknüpfte, einseitige Feuerpause” sollte ab Montag gelten, wie aus einer in den Staatsmedien vorgelesenen Erklärung hervorging. Zuvor hatten in einer dramatischen Entwicklung Aufständische die Regionalhauptstadt Mekele erobert. Kämpfer, die der früheren abtrünnigen Regionalregierung die Treue halten, marschierten offenbar weitgehend kampflos in der Stadt ein.
Die Waffenruhe soll nach den Angaben der äthiopischen Zentralregierung den Bauern in der Region die Arbeit auf ihren Äckern sowie die Lieferung von Hilfsgütern ermöglichen. Die in Tigray aktive Volksbefreiungsfront TPLF solle so “den Weg des Friedens wieder einschlagen” können.
USA, Irland und Großbritannien beantragen unterdessen eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zum Tigray-Konflikt. Das Treffen könnte am Freitag stattfinden, hieß es aus Diplomatenkreisen. Seit dem Beginn des Konflikts im November gab es dazu noch keine öffentliche Sitzung des mächtigsten UN-Gremiums, weil mehrere Mitglieder – darunter Russland, China und mehrere afrikanische Staaten – ihn als interne Angelegenheit Äthiopiens ansehen.
UN-Generalsekretär António Guterres teilte mit, er sei nach einem Gespräch mit dem äthiopischen Regierungschef Abiy “hoffnungsvoll, dass es zu einer wirksamen Einstellung der Kämpfe kommt”. Die jüngsten Entwicklungen seien “extrem besorgniserregend”. Sie zeigten, dass es keine militärische Lösung für die Krise gebe.
Das UN-Kinderhilfswerk Unicef beklagte unterdessen, dass Soldaten der äthiopischen Regierungsarmee in Tigray Satellitenausrüstung der UN-Unterorganisation zerstört hätten. Die Soldaten seien am Montag in das Unicef-Büro in Mekele eingedrungen und hätten die Geräte vernichtet, erklärte Unicef.
Die Organisation wies darauf hin, dass es ihre Mission sei, in Tigray wie in ganz Äthiopien Kindern in prekären Lebenssituationen zu helfen. Dazu gehörten 140.000 Kinder, die am Rande einer Hungersnot seien.
Äthiopische Regierungstruppen hatten im November die in Tigray regierende TPLF angegriffen. Abiy, der 2019 den Friedensnobelpreis erhalten hatte, begründete den Einmarsch damit, dass Aufständische zuvor Militärbasen angegriffen hätten. Kurz darauf erklärte er die TPLF für besiegt. Doch auch Monate später gingen die Kämpfe weiter. Immer wieder gab es Berichte über Gewaltexzesse und zahlreiche zivile Opfer.
Die mehr als fünf Millionen Einwohner der nordäthiopischen Region wurden außerdem weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Hilfsorganisationen zufolge leiden in Folge der Kämpfe 350.000 Menschen in Tigray unter einer Hungersnot.
Quelle: AFP