Durch Cum-Ex-Geschäfte entging dem Staat viel Geld – nun befasst sich erstmals auch der Bundesgerichtshof damit. In Karlsruhe ging es am Dienstag um die Fragen, wer sich möglicherweise wie strafbar gemacht hat und ob und – wenn ja – wie viel Tatertrag eingezogen werden darf. Im März 2020 hatte das Landgericht Bonn zwei Aktienhändler wegen Steuerhinterziehung oder Beihilfe zu Bewährungsstrafen verurteilt und von dem einen 14 Millionen Euro eingezogen, die Privatbank M.M. Warburg sollte 176 Millionen zahlen. (Az. 1 StR 519/20)
Dagegen legten beide Angeklagten und die Bank sowie die Staatsanwaltschaft Revision ein. Einer der Angeklagten wendet sich nur gegen das Einziehen der 14 Millionen, der andere gegen seine komplette Verurteilung. Beide sollen an Cum-Ex-Geschäften beteiligt gewesen sein. Damit wird das Verschieben von Aktien zwischen mehreren Beteiligten rund um einen Dividenden-Stichtag herum bezeichnet – um sich so vom Staat Kapitalertragssteuer erstatten zu lassen, die gar nicht gezahlt wurde. Bis 2012 existierte eine Gesetzeslücke, die solche Geschäfte möglich machte.
In den nun verhandelten Fällen ging es um die Jahre 2007 bis 2011 und insgesamt 167 Millionen Euro erstatteter Steuer. Davon profitierte auch eine Finanzberatung, die einer der beiden Angeklagten mitgegründet hatte. Ein Vertreter der Bank bemängelte, dass nach dem Landgerichtsurteil nur Warburg zahlen müsse, obwohl auch eine andere Bank als inländische Depotbank eingebunden gewesen sei.
Er beklagte auch eine mangelnde Fairness der Behörden, die mit Medien zusammengearbeitet hätten. Zudem stützte sich die Revision der Bank darauf, dass nicht sicher sei, ob die eigene Geschäftsführung Bescheid gewusst habe – und dass die beiden hier Angeklagten nicht für Warburg gehandelt hätten.
Das Landgericht habe festgestellt, dass die angeklagten Aktienhändler zusammen mit der Bank agiert hätten, sagte dazu der Vertreter der Bundesanwaltschaft, die beim BGH die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahrnimmt. Zudem wandte er sich gegen die vom Landgericht angeordnete gesamtschuldnerische Haftung. Das Urteil soll am 28. Juli verkündet werden.
Quelle: AFP