Zwei Komplizen von Carlos Ghosn haben vor Gericht ihre Mittäterschaft an der spektakulären Flucht des Automanagers aus Japan eingestanden. Die beiden US-Bürger, Vater und Sohn, bestritten zum Auftakt des Prozesses am Montag vor dem Bezirksgericht in Tokio die ihnen zur Last gelegten Vorwürfe nicht. Ihnen drohen bei einer Verurteilung wegen Fluchthilfe bis zu drei Jahre Haft.
Ghosn war Ende 2019 in einem großen Koffer versteckt an Bord eines Privatjets vom japanischen Osaka nach Istanbul geflogen und von dort dann weiter nach Beirut. Der Manager hat auch die libanesische Staatsbürgerschaft. Der 60-jährige Michael T. und sein 28-jähriger Sohn Peter sollen Ghosn die Flucht ermöglicht und auch den Fluchtplan ausgeheckt haben. Ein dritter mutmaßlicher Helfer aus dem Libanon ist weiter flüchtig.
In Japan wartete Ghosn eigentlich auf seinen Prozess. Er war im November 2018 dort festgenommen worden. Die Justiz wirft ihm unter anderem vor, private Verluste auf den japanischen Autohersteller Nissan übertragen zu haben, der mit dem französischen Autobauer Renault verbündet ist, sowie Firmenkapital zweckentfremdet zu haben.
“Gibt es irgendeinen Fehler in dem, was der Staatsanwalt eben vorgetragen hat?”, fragte der Richter die Angeklagten einzeln nach der Verlesung der Anklage. Beide Männer antworteten mit nein.
Bei Michael T. handelt es sich um einen früheren Elitesoldaten der US-Armee, der im Bereich der privaten Sicherheitsdienstleistungen tätig ist. Er soll nach Angaben der US-Staatsanwaltschaft mehrfach nach Japan gereist sein und sich dort mindestens sieben Mal mit Ghosn getroffen haben.
Sein Sohn Peter soll japanischen Medien zufolge 144 Millionen Yen (knapp 1,1 Millionen Euro) von der Ghosn-Familie für die Hilfe erhalten haben. Das meiste Geld ging demnach für die Vorbereitungen der Flucht drauf, darunter für den Privatjet. Die Angeklagten bestritten, konkret für ihre Hilfe bezahlt worden zu sein.
Das Gericht führte erneut die Details der spektakulären Flucht aus – wie Ghosn in dem für Musikausrüstung gedachten Koffer versteckt wurde, in den Löcher gebohrt waren, damit er Luft bekommt. Wie die drei Fluchthelfer sich als Musiker ausgaben und damit die Gepäckkontrolle am Flughafen überlisteten. Und wie ein Mitarbeiter des Flughafenpersonals beim Gewicht des Koffers noch scherzte: “Vielleicht ist da eine junge Frau drin.”
Ende Februar hatte bereits ein Gericht in Istanbul drei türkische Staatsbürger wegen Verschwörung zum Schmuggel eines Migranten zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Unter ihnen waren auch die beiden Piloten, die die Maschine mit Ghosn an Bord nach Istanbul geflogen haben sollen.
Der in Ungnade gefallene Automanager hält sich weiter im Libanon auf und darf das Land nicht verlassen. Allerdings weist der Libanon seine Staatsbürger nicht aus, weshalb die japanische Justiz keinen Zugriff auf ihn hat.
Auch in Frankreich laufen Ermittlungen gegen Ghosn. Dabei geht es unter anderem um die möglicherweise illegale Finanzierung zweier rauschender Feste auf Schloss Versailles.
Quelle: AFP