Nach dem tödlichen Seilbahn-Unglück am Lago Maggiore geht die italienische Justiz einem ZDF-Bericht nach, wonach die Notbremse der Seilbahn möglicherweise schon jahrelang absichtlich abgeschaltet wurde. Die zuständige Staatsanwältin Olimpia Bossi bestätigte am Mittwoch, dass ihr das Material aus der ZDF-Sendung “Frontal 21” vom Dienstagabend vorliege. Es werde nun ausgewertet.
In dem Beitrag hatte der Schweizer Seilbahn-Experte Michael Meier gesagt, in seinen privaten Aufnahmen der Seilbahn in Stresa aus den Jahren 2014 bis 2018 sei ebenfalls eine Gabel zu sehen, die die Fangbremse zur Verhinderung eines Gondelabsturzes außer Kraft setzt. Schon im Jahr 2014 sei diese Gabel “mit Personen in der Kabine eingesetzt” worden, sagte Meier in dem “Frontal 21”-Beitrag. Er hatte seine Aufnahmen nach eigenen Angaben noch einmal genau durchgeschaut, nachdem er von dem Unglück am 23. Mai mit 14 Toten erfahren hatte.
“Frontal 21” legte die Aufnahmen auch dem ehemaligen Leiter des Bereiches Seilbahntechnik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich, Gabor Oplatka, vor. Zu dem mutmaßlichen Einsatz der Gabel an der Notbremse bei der Bahn in Stresa sagte er: “Offensichtlich hat man das praktiziert und bis jetzt Glück gehabt.”
Nach monatelanger Corona-bedingter Pause war die Seilbahn erst Ende April wieder in Betrieb gegangen. Am Pfingstsonntag stürzte eine Seilbahn-Kabine kurz vor Erreichen der Gipfelstation am Berg Mottarone ab, nachdem ein Seilbahn-Kabel gerissen war. 14 Menschen starben. Nur ein Insasse, ein fünfjähriger Junge, überlebte schwer verletzt.
Den Ermittlungen zufolge war das Sicherheitsbremssystem der Seilbahn offenbar absichtlich abgeschaltet worden, um einen Betriebsausfall wegen technischer Probleme zu vermeiden. Die Seilbahn verbindet das Dorf Stresa mit dem Mottarone, von dem aus sich ein spektakulärer Blick auf den Lago Maggiore bietet. Nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Agi war die Bahn 2014 für Umbauarbeiten geschlossen worden, die bis August 2016 dauerten.
Quelle: AFP