In der Corona-Pandemie ist die Zahl der Menschen, die Diskriminierungen beklagen, drastisch gestiegen. Die Gleichbehandlungsstelle des Bundes habe so viele Anfragen wie nie zuvor registriert, heißt es in dem am Dienstag vorgelegten Jahresbericht der Einrichtung. Die Anzahl der rechtlichen Auskünfte, eingeholten Stellungnahmen und gütlichen Einigungen stieg um 78,3 Prozent auf 6383.
In 1904 Fällen registrierte die Antidiskriminierungsstelle den Angaben zufolge Anfragen, die in direktem Bezug zur Pandemie stehen. In der Mehrzahl ging es dabei um Anfragen von Menschen mit Behinderungen zur Maskenpflicht. Zu Beginn der Pandemie sei zudem häufig fehlende Barrierefreiheit von Informationsangeboten beklagt worden.
“Ältere Menschen sahen sich zum Beispiel durch die Verlagerung auf digitale Angebote Ausgrenzungen ausgesetzt”, sagte der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle, Bernhard Franke. Lesben und Schwule hätten in der Pandemie Unterstützungsstrukturen verloren. “Frauen wurden in alte Rollenmuster zurückgeworfen, insbesondere bei der Kinderbetreuung.” Und antisemitische Verschwörungstheorien hätten im Zuge der Pandemie Auftrieb erhalten.
Diskriminierungen ausgesetzt seien zudem Menschen asiatischer Herkunft. “Zu Beginn der Pandemie gab es eine gewisse Tendenz, Sündenböcke zu suchen.” Franke verwies aber darauf, dass auch ohne den Effekt der Pandemie ein deutlicher Anstieg an Anfragen zu verzeichnen gewesen sei – und zwar um 25 Prozent. Vor allem die Zahl der Anfragen zu Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft oder aus rassistischen Gründen nahm mit 2101 Anfragen um 78,7 Prozent zu.
Der starke Anstieg bei den Anfragen führte Franke zufolge dazu, dass die Gleichstellungsstelle ihre telefonische Beratung einstellen musste. Ratsuchende können sich derzeit nur über unser Beratungsformular oder schriftlich an uns wenden. “Wir beobachten ein gestiegenes gesellschaftliches Bewusstsein für Diskriminierung”, sagte Franke.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berät Menschen, die aufgrund der ethnischen Herkunft, Religion, Weltanschauung, sexuellen Identität, des Alters, einer Behinderung oder des Geschlechts im Arbeitsleben oder bei Alltagsgeschäften benachteiligt worden sind. Etwa 41 Prozent der Beratungsersuchen an die Antidiskriminierungsstelle im Jahr 2020 bezogen sich auf das Merkmal “Behinderung und chronische Krankheiten”.
Quelle: AFP