Die noch etwa 9000 Diesel-Klagen gegen Volkswagen aus den Jahren 2019 und 2020 sind wohl weitgehend schon seit Anfang 2019 verjährt. Nach einem am Donnerstag verkündeten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe reicht es dafür aus, wenn Autofahrer bis Ende 2015 wussten, dass ihr Fahrzeug über eine Abschalteinrichtung verfügt. Kenntnisse über die internen Verantwortlichkeiten bei VW waren nicht erforderlich. (Az: VI ZR 739/20)
Die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Kalenderjahren beginnt erst Anfang des Folgejahres, nachdem der Anspruch bekannt war. Dafür reicht es aus, wenn eine Schadenersatzklage “erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos möglich und zumutbar ist”, urteilte der BGH.
Hier hatte VW auf seine Ad-hoc-Mitteilung am 22. September 2015 verwiesen. Danach habe es eine umfassende Medienberichterstattung über die Abgasmanipulationen gegeben. Im Streitfall hatte daher das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschieden, dass die Verjährungsfrist Anfang 2016 begann und damit Ende 2018 auslief. Weil der Kläger erst 2019 geklagt hatte, sei dies verjährt.
Andere Gerichte waren dagegen davon ausgegangen, dass zur Kenntnis des Klageanspruchs noch weitere Informationen gehören, hier insbesondere, wer bei VW für die Abgasmanipulationen verantwortlich war.
Wie nun der BGH entschied, war eine Klage aber auch ohne diese Kenntnisse zumutbar. Der Einsatz einer Abschalteinrichtung in mehreren Millionen Fahrzeugen sei für VW mit “enormen Risiken” verbunden gewesen. Es sei daher naheliegend gewesen, “dass eine solche Strategieentscheidung nicht etwa von einem untergeordneten Mitarbeiter im Alleingang, sondern von einem Vorstand oder einem sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter getroffen oder jedenfalls gebilligt worden war”.
Der Kläger habe sogar gewusst, dass sein Auto von dem Skandal betroffen ist. Darauf, ob er schon 2015 aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zog, komme es nicht an.