Bei einem mutmaßlichen Mitglied der rechtsextremen Zelle Gruppe S haben die Ermittler einem Medienbericht zufolge Videos der Anschläge von Christchurch und Halle gefunden. Ein mutmaßlicher Anführer der Gruppe habe aber ernsthafte Pläne für Straftaten dementiert, berichtete der “Spiegel” am Freitag. Die Bundesanwaltschaft bestätigte ihre Anklageerhebung gegen zwölf Verdächtige.
Die Männer sollen sich vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht (OLG) wegen Gründung, Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer rechtsterroristischen Vereinigung verantworten. Acht von ihnen sollen im September 2019 die Gruppe S gegründet haben. Laut Anklageschrift zielten sie “darauf ab, mit ihrer Vereinigung die Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu erschüttern und letztlich zu überwinden”. Sie sollen Anschläge auf Moscheen geplant haben. Durch das Töten oder Verletzen möglichst vieler Muslime sollten laut Bundesanwaltschaft “bürgerkriegsähnliche Zustände” herbeigeführt werden. Auch über Angriffe auf politisch Andersdenkende sei nachgedacht worden.
Laut “Spiegel” saßen einige der Verdächtigen bereits im Gefängnis, einer von ihnen wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung. Ein anderer arbeitete demnach bis zu seiner Verhaftung im Verkehrskommissariat der Polizei Hamm. Das Magazin zitiert auch aus Chatverläufen der Beschuldigten: Werner S., einer der beiden mutmaßlichen Rädelsführer, soll sich auf viele “jämmerlich verreckte Körper” gefreut haben. Ein anderer soll geschrieben haben, er habe “Bock auf ein Massaker”.
Bei einem der Verdächtigen fanden die Ermittler demnach ein Video des Massakers im neuseeländischen Christchurch im März 2019, wo ein Rechtsextremer 51 Menschen getötet hatte. Der Mann habe zudem Videosequenzen des Anschlags von Halle im Oktober 2019 gespeichert. Dort hatte ein Rechtsextremer versucht, ein Blutbad in der Synagoge anzurichten. Als ihm das nicht gelang, erschoss er zwei Menschen und verletzte zwei weitere.
Mehrere der Beschuldigten sagten laut “Spiegel” in der Untersuchungshaft, dass sie keine ernsthaften Straftaten geplant hätten. Werner S. soll von einem “Haufen unzufriedener Sprücheklopfer und gescheiterter Existenzen” gesprochen haben. Laut Bundesanwaltschaft hatte S. beim Gründungstreffen eine scharfe Pistole dabei. Die Gruppe soll laut Anklageschrift beschlossen haben, sich für die geplanten Anschläge Schusswaffen zu beschaffen. Dafür soll sie auch Geld eingesammelt haben.
Im Februar gab es umfangreiche Durchsuchungen gegen die Gruppe in mehreren Bundesländern. Bei den Razzien fanden die Polizeibeamten Berichten zufolge mehrere Waffen, darunter Messer und selbstgebaute Handgranaten. Sieben Männern werden laut Anklageschrift auch waffenrechtliche Verstöße vorgeworfen. Der Staatsschutzsenat des OLG Stuttgart muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden.
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