Bischofskonferenz setzt neues Entschädigungsmodell für Missbrauchsopfer in Kraft

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Die Deutsche Bischofskonferenz hat trotz Kritik von Opfervertretern ein neues Modell zur Entschädigung von Opfern sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Kraft gesetzt. Ab dem 1. Januar können Betroffene Anträge auf bis zu 50.000 Euro stellen – unabhängig davon, ob sie bereits früher Geld bekamen, wie der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, am Donnerstag in Fulda sagte. 

Bei der Höhe orientieren sich die Bischöfe wie bereits im März angekündigt an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern. Damit ergeben sich Zahlungen von bis zu 50.000 Euro. Die Höhe wird dabei von einem neuen, laut Bätzing unabhängigen Entscheidungsgremium festgelegt.

Bisher gab es kein einheitliches Vorgehen der deutschen Bistümer, weshalb Opfer je nach Ort unterschiedliche Leistungen bekamen. Diese Uneinheitlichkeit und teils nur geringfügigen Zahlungen sorgte für viel Kritik.

Opfervertreter wie die Initiative Eckiger Tisch kritisierten aber auch die neuen Pläne der Bischöfe zuletzt scharf. Sie verwiesen dabei auch auf eine Verständigung aus dem vergangenen Jahr, wonach bis zu 400.000 Euro pro Opfer fließen könnten. Außerdem kritisierte der Eckige Tisch, dass von Anerkennungszahlungen, aber nicht von Entschädigungen gesprochen werde.

Bätzing nahm das mehr als zehn Jahre nach Aufkommen des Missbrauchsskandals beschlossene Modell gegen Kritik in Schutz. So habe sich die Kirche bewusst gegen Entschädigungen entschieden, weil es dabei um Schadenersatz gehe und Schadensersatz viel höhere Standards bei der Beweisführung habe. “Wir wollen es den Betroffenen nicht zumuten”, sagte Bätzing.

Das neue Entscheidungsgremium werde außerdem in der Regel bereits frühere Entscheidungen der Bistümer, ob die Ansprüche der Opfer plausibel sind, anerkennen. Ob die nun fälligen Zahlungen aus der Kirchensteuer oder dem Vermögen geleistet werden, müssten die Bistümer jeweils unabhängig entscheiden. Manche Bistümer verfügten nicht über das nötige Vermögen, weshalb dort wohl auf die Kirchensteuer zurückgegriffen werden müsse.

Die Entscheidung zur Opferentschädigung veröffentlichten die Bischöfe zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung. Auf dieser vertagten sie eine Abstimmung zu der Frage, wie künftig in Deutschland in der Ökumene mit der Teilnahme von Katholiken am evangelischen Abendmahl und mit der Teilnahme von Protestanten an der Kommunion umgegangen werden soll. Hier hatte die Glaubenskongregation im Vatikan Pläne für eine gegenseitige Einladung jüngst mit theologischer Begründung abgelehnt.

Die Bischöfe befassten sich auch mit der jüngsten Kirchenstatistik, die einen neuen Rekord bei den Kirchenaustritten zeigte. Bätzing räumte ein, dies lasse sich klar auf den Missbrauchsskandal zurückführen. Dazu kämen aber auch Gleichgültigkeit gegenüber kirchlichen Anliegen und Misstrauen gegenüber der Institution Kirche.

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