Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hat die von der Bundesregierung angekündigte Aufnahme von mehr als 1500 Flüchtlingen von den griechischen Inseln als “wichtigen Schritt” begrüßt. Deutschland könne aber als gut organisiertes und reiches Land mehr leisten, betonte zugleich der Sprecher der deutschen Sektion des UNHCR, Chris Melzer, am Dienstag im Deutschlandfunk.
Er hoffe, dass andere europäische Länder dem Beispiel Deutschlands jetzt folgten, sagte Melzer auch. Er unterstrich, die EU müsse nicht jeden Geflüchteten dauerhaft aufnehmen, doch habe jeder Asylsuchende das Recht auf ein faires Verfahren.
Die große Koalition hatte sich am Dienstag auf die Aufnahme von 1553 weiteren Flüchtlingen von den griechischen Inseln geeinigt. Von der Hilfsmaßnahme nach der Vernichtung des Lagers Moria auf Lesbos durch mehrere Brände sollen insgesamt 408 Familien profitieren, die bereits von den griechischen Behörden als schutzberechtigt anerkannt wurden, wie Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin mitteilte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauerte in einer Sitzung der CDU/Bundestagsfraktion, dass die angestrebte europäische Regelung zur Aufnahme der Flüchtlinge nicht zustande gekommen sei. “Das ist kein Zeichen für Europas Handlungsfähigkeit und Werte”, wurde sie von Teilnehmern zitiert. Merkel verwahrte sich demnach aber gegen die Interpretation, dass Deutschland einen nationalen Alleingang unternehme. Vielmehr sei die gefundene Lösung ein “Zweigang”, der mit der griechischen Regierung vereinbart worden sei.
Der Deutsche Städtetag begrüßte den Kompromiss der Koalition. Er sei “froh”, dass sich Deutschland nach dem Brand in Moria dafür entschieden habe, “allein mutig voranzugehen”, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochausgaben). “Auf die schon lange stockende Reform des europäischen Asylsystems zu warten, wäre ein Fehler gewesen”, betonte der Leipziger Oberbürgermeister.
Doch müsse diese Reform endlich gelingen, fügte der SPD-Politiker hinzu: “Wir brauchen eine dauerhafte und nachhaltige Lösung in Europa zum Umgang mit Flüchtlingen.” Viele Städte in Deutschland würden gerne geflüchtete Familien aufnehmen, unterstrich Jung.
Er nannte auch Kriterien für deren Verteilung. Der Städtetag rechne damit, dass die aus Griechenland kommenden Flüchtlinge nach dem üblichen Verfahren über den sogenannten Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt würden. Anschließend sollten besonders jene Städte berücksichtigt werden, die ihre Bereitschaft zur Aufnahme erklärt hätten, sagte Jung. Im Königsteiner Schlüssel ist festgelegt, wie die einzelnen Länder an gemeinsamen Finanzierungen zu beteiligen sind.
dja
© Agence France-Presse