Karliczek und Spahn dämpfen Erwartungen an raschen Impfstoff

Foto: AFP

Die Bundesminister Anja Karliczek und Jens Spahn (beide CDU) haben Hoffnungen auf einen raschen und umfassenden Impfschutz gegen das Coronavirus gedämpft. “Wir dürfen keine Wunder erwarten”, sagte Forschungsministerin Karliczek am Montag in Berlin. Es sei davon auszugehen, dass ein Impfstoff frühestens Mitte nächsten Jahres zur Verfügung stehen werde – und dieser werde dann vielleicht nicht alle Erwartungen erfüllen. Spahn warnte, im schlechtesten Fall könne es Jahre dauern, bis ein effektiver Impfstoff vorliege.

Ministerin Karliczek wies auf viele ungeklärte Fragen hin: So könne es etwa sein, dass der Impfstoff vielleicht nur vor schweren Erkrankungen schützen werde oder die Impfung wieder “aufgefrischt” werden müsse, sagte sie. Und “wenn wir von einem Jahr reden, wäre das rasend schnell”, fügte die Ministerin hinzu. Üblicherweise nehme die Entwicklung eines Impfstoffes mehrere Jahre in Anspruch. 

Auch Gesundheitsminister Spahn sah Anlass für Skepsis: “Ich freue mich, wenn es in wenigen Monaten gelänge”, einen Impfstoff zu entwickeln, sagte er am Sonntagabend in der ARD. “Ich finde aber, wir müssen auch realistisch bleiben: Es kann auch Jahre dauern, weil es natürlich auch Rückschläge geben kann.”

Etwas optimistischer äußerte sich der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek. Er hoffe, dass die von der Weltgesundheitsorganisation WHO gesetzte Zeitvorgabe von 15 bis 18 Monaten unterschritten werden könne, sagte Cichutek im ZDF-“Morgenmagazin”.

Laut Cichutek gab es bei der von dem bundeseigenen Institut für Impfstoffe genehmigten Prüfung des Impfstoffs eines Mainzer Biotechnologieunternehmens bisher “keine besonderen Auffälligkeiten”. Im Laufe dieses Jahres werde es vier klinische Prüfungen geben. “Ich bin sehr zuversichtlich, dass jetzt die ersten klinischen Prüfungen positiv ausgehen werden.”

Karliczek wies darauf hin, dass es sich um einen “langwierigen und kostspieligen Prozess” handle. Weil der Impfstoff gesunden Menschen verabreicht werden solle, gebe es besondere Anforderungen an Sicherheit und Verträglichkeit. Nach Karliczeks Worten will die Bundesregierung Entwicklung und Herstellung eines Impfstoffes durch ein Sonderprogramm voranbringen. 

Die Ministerin äußerte die Erwartung, dass im Rahmen größerer Studien die Probandenzahlen erhöht werden könnten. Dabei sollten bestimmte Gruppen wie Polizisten und Mitarbeiter des Gesundheitswesens einbezogen werden, aber auch Menschen mit erhöhtem Risiko – etwa Ältere oder Vorerkrankte. 

Karliczek verwies darauf, dass es der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge 90 Programme zur Corona-Impfung gebe, drei davon in Deutschland. Die Bundesrepublik sei als wohlhabender Staat hier besonders in der Pflicht. Ein Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus gilt als Voraussetzung für einen Verzicht auf die derzeitigen Auflagen zur Eindämmung der Pandemie. 

Die EU-Kommission hatte für Montag eine internationale Online-Geberkonferenz einberufen, bei der ein finanzieller Grundstock von 7,5 Milliarden Euro zusammenkommen soll, um Diagnostik, Prävention und Behandlungsmethoden der durch das Virus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 zu erforschen. Im Zentrum steht die Entwicklung eines Impfstoffs, der für alle Menschen zugänglich sein soll.

pw/jp

© Agence France-Presse

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