Die Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern über fehlende Milliarden beim Autobahnausbau verschärft sich – trotz einer weiteren Finanzspritze in Höhe von drei Milliarden Euro, auf die sich die Parteispitzen von CDU/CSU und SPD vergangene Woche im Koalitionsausschuss geeinigt haben. In einem Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), über den die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Samstagausgabe) berichtet, bitten die Regierungschefs der nördlichen Bundesländer ihn, „mit Nachdruck“ darauf hinzuwirken, dass eine Reihe von Verkehrsprojekten von überregionaler Bedeutung auch finanziell im Kernhaushalt des Bundes verankert werden.
Die Regierungschefs der SPD-geführten Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und des CDU-geführten Schleswig-Holstein fordern eine verlässliche Finanzierung und beschleunigte Umsetzung von Projekten wie der Küstenautobahn A20, der A14, der A39 sowie zentralen Schienen- und Wasserstraßenprojekten. Besonders der Weiterbau der A20 wird als „Schlüsselprojekt“ bezeichnet, das die Nord-Süd-Autobahnen verbindet und den Verkehrsknotenpunkt Hamburg entlasten würde.
Die Küstenländer pochen dabei auf die Bedeutung ihrer Seehäfen, die eine gute Verkehrsanbindung benötigten. Diese sei nicht nur für den globalen Handel wichtig, sondern auch für die Energieversorgung und die Sicherheit der gesamten Nation. Die A20 „stärkt Handel, Industrie und Tourismus in Norddeutschland und steigert die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in ganz Deutschland“, heißt es im Brief. „Es ist nicht hinnehm- und vermittelbar, dass vor dem Hintergrund milliardenschwerer Investitionsprogramme des Bundes für die Infrastruktur der Bau der großen Autobahnprojekte stagnieren soll.“
Niedersachsens Ministerpräsident Lies (SPD) wurde noch deutlicher. „Klar ist: Jetzt muss auch verstärkt im Norden investiert werden“, sagte er der Zeitung.
Für Unmut hatte in den vergangenen Jahren gesorgt, dass zwischen 2009 und 2021 das Verkehrsministerium durchweg in der Hand der CSU lag. Ihr wurde immer wieder vorgeworfen, milliardenschwere Investitionen nach Bayern gelenkt zu haben. Mit der Korrespondenz keimt der Unmut wieder auf, den die Regierungskoalition eigentlich mit einer Einigung in der Nacht zum 9. Oktober ausräumen wollte.
Zuvor hatte das Bundesverkehrsministerium mit dem Hinweis für Aufsehen gesorgt, beim Straßenbau fehle trotz des Sonderschuldentopfs in Höhe von 500 Milliarden Euro ein Betrag von 15 Milliarden Euro, um den schlechten Zustand der Bundesstraßen verbessern zu können und alle baureifen Autobahnprojekte auch realisieren zu können. Nach Protesten aus den Ländern willigte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) darin ein, einen Betrag in Höhe von drei Milliarden Euro umzuwidmen. Gleichzeitig sicherten Klingbeil und Merz zu, dass alles, was baureif ist, gebaut werde.
Darüber hinaus will die Bundesregierung der Autobahn GmbH ermöglichen, Kredite aufzunehmen. Außerdem soll die Kooperation mit privaten Investoren über sogenannte ÖPP-Projekte ausgebaut werden. Das ändert allerdings in der mittelfristigen Planung nichts daran, dass noch immer eine Lücke von mehreren Milliarden Euro klafft, vor allem für den kostspieligen Erhalt von Bundesstraßen.
Offenbar sorgt dies auch in den Ländern noch für Unbehagen. „Uns geht es darum, dass die bereits begonnenen Verkehrsprojekte umgesetzt werden und nicht wegen finanzieller Probleme in die Warteschleife kommen“, sagte der Bremer Bürgermeister und neu gewählte Bundesratspräsident, Andreas Bovenschulte (SPD), der Zeitung. „Das Geld ist da, es ist eine Frage des politischen Willens.“
dts Nachrichtenagentur