Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisiert den politischen Druck auf die Justiz bei der Durchsetzung des Abkommens im Bereich Migration scharf.
„Die Forderungen europäischer Staaten nach Reformen im Zusammenhang mit der Migration sollten als das angesehen werden, was sie sind: Versuche, den Gerichtshof zu schwächen“, sagte Benjamin Ward, Stellvertretender Direktor für Europa und Zentralasien bei Human Rights Watch, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ zum 75. Jahrestag der Europäischen Menschenrechtskommission (EMRK).
„In einer Zeit, in der Europa mit einigen der schwerwiegendsten Bedrohungen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert ist, sollten die europäischen Regierungen ihre regionalen Institutionen stärken und nicht untergraben.“
Zu den Bemühungen von 20 europäischen Staaten unter Federführung von Italien und Dänemark, mit einer Grundsatzerklärung die EMRK im Bereich Migration aufzuweichen, sagte Ward: „Im Bereich der Migration ist es zwar zutreffend, dass nationale Gerichte die EMRK manchmal so anwenden, dass sie die Bemühungen der Regierung zur Abschiebung ausländischer Staatsangehöriger verhindern.“
Größtes Hindernis bei der Abschiebung von Menschen seien jedoch nicht die internationalen Menschenrechtsbestimmungen. Vielmehr würden die Herkunftsländer die Rückführung ablehnen oder nicht kooperieren. „Zwar schränkt der Europäische Gerichtshof zweifellos manchmal staatliches Handeln ein, doch genau dafür wurde er geschaffen: um die Menschen vor staatlicher Willkür zu schützen und letztlich als Bollwerk gegen Tyrannei und Krieg zu dienen.“
Ward kritisierte, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stehe unter Druck, sich aus sensiblen Themen wie der Migration herauszuhalten. „Die Weigerung einiger Regierungen, seine Urteile vollständig umzusetzen und die anhaltenden Missstände zu bekämpfen, die zu diesen Urteilen geführt haben, ist das größte Hindernis für die Funktionsfähigkeit des Gerichtshofs und des gesamten Konventionssystems.“
dts Nachrichtenagentur

