Der gespaltene Arbeitsmarkt zeigt nach Ansicht von Ökonomen, wie der Strukturwandel in der deutschen Wirtschaft den Wohlstand bedroht. Laut Bundesagentur für Arbeit gab es im August in den Bereichen Gesundheit, Pflege und im öffentlichen Dienst 192.000 Stellen mehr als im Vorjahr. Die Industrie baute dagegen 146.000 Stellen ab.
„Gesamtwirtschaftlich geht der Strukturwandel mit einem Rückgang des Wohlstands einher“, sagte der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, dem „Handelsblatt“. So funktioniere die Verlagerung der Beschäftigung von der Industrie in Bereiche wie Gesundheit und Pflege nicht reibungslos. Zudem würden Stellen dort vorwiegend mit Sozialabgaben und Steuern finanziert. Eine Expansion bedeute also wachsende Steuer- und Abgabenlasten. „Eine alternde Gesellschaft, die mehr Pensionäre und Rentner versorgen muss, wird insgesamt ärmer“, erläuterte der Ifo-Chef. „Dieser Prozess hat in Deutschland begonnen.“
Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gibt sich dagegen optimistisch, dass der Trend umkehrbar ist. Er sieht „große industrielle Potenziale im Zuge der Transformation“, also vor allem durch Energiewende, Verkehrswende und gesteigerte Investitionen in die Rüstung. Kaum ein Land sei technisch so gut aufgestellt wie Deutschland und damit in der Lage, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. „Wir müssen Leute mit den richtigen Kompetenzen in der Industrie halten und in die aufstrebenden Bereiche bringen – also weiterentwickeln statt umschulen“, schlussfolgerte Weber.
dts Nachrichtenagentur