Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands, André Wüstner, hält eine Wehrpflicht für nötig, um die geplante Vergrößerung der Bundeswehr zu schaffen.
Die Truppe müsse von 170.000 auf 260.000 Zeit- und Berufssoldaten wachsen, sagte er den Sendern RTL und ntv. „Ich kenne keinen in der Bundeswehr, der mir sagt, ohne Pflicht wird das gelingen.“ Wenn die Bundeswehr bis 2029 kriegstüchtig sein solle, müsse die Bundesregierung spätestens Ende 2027 entscheiden, ob die Freiwilligkeit reicht. „Dann wäre eigentlich der Zeitpunkt gekommen, dass man dem Parlament vorschlägt: jetzt umschalten.“
Es werde schon schwer genug, in diesem Jahr die von Verteidigungsminister Pistorius anvisierten 15.000 freiwilligen Wehrdienstleistenden zu erreichen. Ende des Jahrzehnts wolle der Minister mehr als 100.000 Freiwillige haben. „Ich bezweifle, dass das gelingen wird“, sagte Wüstner. Er forderte die Bundesregierung auf, die Gesellschaft schon jetzt darauf vorzubereiten, dass es ohne Wehrpflicht voraussichtlich nicht gehen werde. Sie müsse zudem einen Ersatzdienst vorbereiten. „Alleine mit Freiwilligkeit werden wir den Aufwuchs, den wir brauchen in den nächsten Jahren, aller Voraussicht nach nicht erreichen.“
Wüstner lobte, dass die Regierung mit dem Gesetzesentwurf bei der Erfassung von möglichen Wehrdienstleistenden und der Musterung vorankomme. Es sei gut, dass sich die Menschen durch den neuen Fragebogen mit der Bundeswehr beschäftigten. „Aber sich beschäftigen, sich interessieren, vielleicht sogar bewerben, heißt noch lange nicht Einstellung.“
Ein möglicher Bundeswehreinsatz zur Friedenssicherung in der Ukraine könnte laut Wüstner weitere Interessenten vom freiwilligen Wehrdienst abschrecken. „Da muss mehr aufgeklärt werden, dass Wehrdienstleistende eben nicht verpflichtet werden können, in Auslandseinsätze zu gehen“, sagte er den Sendern RTL und ntv. Die Debatte um Sicherheitsgarantien für die Ukraine habe sicherlich einen Einfluss auf den Freiwilligendienst.
Generell aber komme deutlich mehr auf die Bundeswehr zu, da die USA viel weniger dazu bereit seien, etwas für Deutschland und Europa zu leisten. „Wir Europäer und Deutsche müssen erkennen, wir sind selbst für unsere Sicherheit verantwortlich – und das kann man eben nicht outsourcen.“ Bundesregierung und Bundeswehr müssten deshalb reagieren. „Personalgewinnung und -bindung ist die strategische Herausforderung – und wir müssen jetzt Gas geben.“
dts Nachrichtenagentur