Münchens Erzbischof Kardinal Reinhard Marx findet es nicht hilfreich, dass Leo XIV. in der Öffentlichkeit als Antagonist zu US-Präsident Donald Trump gezeichnet wird. “Die Amtszeit von Trump wird einmal vorübergehen und dann wird Leo XIV. wohl immer noch da sein”, sagte Marx der “Süddeutschen Zeitung” (Samstagausgabe). “Aber für amerikanische Katholiken ist Leo XIV. natürlich eine Chance. Dort sind die Bischöfe wohl in manchen Fragen unterschiedlicher Meinung, und es kann eine große Hilfe sein, einen Papst zu haben, der Brücken bauen kann.”
Marx hatte nach eigenen Angaben den Namen von Kardinal Robert Francis Prevost, dem späteren Papst Leo XIV., bereits vor dem Konklave im Hinterkopf. Er habe ihn im vergangenen Jahr zum ersten Mal getroffen, sagte Marx: “Es war sehr ruhig, sehr sachlich. Informiert zuhörend und herzlich auf Augenhöhe. Er ist mir sehr angenehm im Gedächtnis geblieben, und als ich zum Konklave nach Rom gefahren bin, da war dieser Name nicht ganz weg bei mir, das gebe ich zu.”
Auf die Frage, ob Berichte zuträfen, wonach er sich hinter den Kulissen für Prevost eingesetzt hätte, sagte Marx: “Ich habe mit vielen gesprochen, alle haben irgendwie Gespräche geführt. Das wäre ja töricht, wenn man es nicht getan hätte”, so der Geistliche. “Dass man Räume schafft für Gespräche.”
Die breite Zustimmung für Prevost habe ihn nicht überrascht: “Wir sprechen ja vom Heiligen Geist, der im Konklave wirkt und das war auch spürbar. Ich will nicht zu viel verraten, aber man denkt dann doch: Wie ist das möglich, so schnell?”
Die Papstwahl habe ihn sehr berührt, sagte Marx: “Diese drei Wochen waren für uns alle eine Zeit der Gnade. Zu sehen, was die Kirche in der Welt bedeutet. Ich weiß schon: Es werden auch wieder andere Zeiten kommen – aber gerade für diese Zeiten braucht man die Erinnerungen an diese Einmütigkeit. Auch die Hoffnung der Welt, dass es mit dem Papst eine Stimme gibt, die über nationale und ökonomische Interessen hinausgeht.”
Marx sieht “dringenden Handlungsbedarf” bei den Finanzen des Heiligen Stuhls. Die Finanzlage sei “schwierig, weil die Verwaltung, also alle Dikasterien bis hin zu den Nuntiaturen, viel Geld kostet – und vor allem wegen der Pensionslasten, die sich aus der Demografie ergeben”, sagte Marx der “Süddeutschen Zeitung”. “Da besteht dringender Handlungsbedarf, den habe ich aufgezeigt. Insgesamt: Wir müssen die Kosten reduzieren.”
Als einer von drei deutschen wahlberechtigten Kardinälen hatte der Erzbischof von München und Freising am Konklave teilgenommen und als Koordinator des Wirtschaftsrats den Kardinälen im Vorkonklave über die Finanzen des Heiligen Stuhls berichtet. “Die Lage ist auch nicht so katastrophal wie manche sagen. Aber, das habe ich auch gesagt: Wir müssen schnell etwas tun”, sagte Marx der SZ.
Auf die Frage nach Grundstücks- und Immobilienverkäufen sagte Marx: “Ich bin nun wirklich kein Immobilienexperte. Und das wäre ja auch keine nachhaltige, sondern kurzfristige Sanierung des Haushalts. Da müssen auch Fachleute ran.”
Alle müssten zusammenstehen, sagte der Kardinal: “Entscheidend ist, dass der Vatikanstaat und die Vatikanbank (IOR) verlässlich die Gewinne an den Heiligen Stuhl abführen. Ich habe einmal deutlich gemacht: `Fratelli tutti`. Alle Akteure haben dem Papst und seiner Sendung zu dienen und das geschieht durch den Heiligen Stuhl. Dann bin ich vorsichtig zuversichtlich über die weitere Entwicklung.”
dts Nachrichtenagentur