2.228 Menschen in Deutschland haben einen Geschlechtseintrag, der sie weder als Mann noch als Frau bezeichnet. Das berichtet die “taz” (Freitagausgabe) unter Berufung auf Zensusdaten.
Demnach hatten zum Stichtag im Mai 2022 in Deutschland genau 42.044.446 Personen den Geschlechtseintrag “Frau” und 40.672.866 Personen den Geschlechtseintrag “Mann”. Bei 1.259 Personen blieb der Geschlechtseintrag leer, 969 galten als “divers”. Prozentual sind also 0,001522 Prozent der Bevölkerung in der offiziellen Statistik ohne Angabe und 0,001171 Prozent divers, zusammen 0,002693 Prozent.
Die Deutsche Gesellschaft für Trans- und Intergeschlechtlichkeit (dgti) schätzt, dass tatsächlich ca. 1,7 Prozent der Bevölkerung intergeschlechtlich sind. Bei intergeschlechtlichen Menschen können körperliche Geschlechtsmerkmale, wie beispielsweise der Chromosomensatz, die Hormonproduktion oder die Geschlechtsorgane, nicht einheitlich oder nicht ausschließlich als männlich oder weiblich eingeordnet werden. Diese angeborenen Variationen können bei der Geburt oder auch später sichtbar werden, manchmal bleiben sie unbemerkt.
Die Option “divers” gibt es im Personenstandsrecht erst seit Dezember 2018 – nach einem vorangegangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2017. Intergeschlechtliche Menschen können seitdem ihr Geschlecht und ihre Vornamen im Geburtenregister, das Teil des Personenstandsregisters ist, ändern lassen.
Die Zensuszahlen zeigen eine deutliche Steigerung der Geschlechtseinträge “inter” und “ohne Angabe”, zumindest verglichen mit den Daten, die dem Innenministerium im September 2020 vorlagen: In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der AfD steht, dass 256 Menschen im Jahr 2019 die Geschlechtseinträge “divers” oder “ohne Angabe” hätten. Im Jahr 2020 waren es bis September 138, also insgesamt zu dem Zeitpunkt 400.
“Die Zensuszahl ist sogar höher, als wir erwarten würden. Denn die Hürden, um diese Geschlechtseinträge offen zu lassen oder divers in Anspruch zu nehmen, waren zur Zeit des Zensus und auch heute noch richtig hoch”, sagte Leo Yannick Wild von der Schwulenberatung Berlin. Außerdem höre die Diskriminierung damit nicht auf, so Wild. Als Beispiel nennt er, dass Auslandsreisen zum Risiko würden, “weil oft unsicher ist, ob andere Länder divers als Geschlechtseintrag akzeptieren”. Auch unangemessene Nachfragen gehörten zu den Folgen einer Angleichung des Geschlechtseintrags.
Trotz aller Diskriminierung geht Wild davon aus, dass die Zahl der Menschen mit dem Eintrag “divers” deutlich steigen wird. Denn dank des Selbstbestimmungsgesetzes, das im April beschlossen wurde, wird es bald sehr viel einfacher, den Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Für Erwachsene wird dann eine persönliche Erklärung gegenüber dem Standesamt genügen, ohne dass es Meinungen Dritter bedarf. Das Gesetz soll im November in Kraft treten.
dts Nachrichtenagentur