Führende Ökonomen haben scharfe Kritik an Überlegungen des AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla geäußert, die Euro-Zone in Nord und Süd zu spalten. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, nannte den Vorstoß “völligen Unsinn”.
“Erstens würde kaum ein Land dem zustimmen, wahrscheinlich kein einziges”, sagte Schmieding dem “Handelsblatt” (Dienstagsausgabe). “Zweitens sind die südeuropäischen Länder derzeit der Wachstumsmotor der Eurozone, während Deutschland als Folge heimischer Versäumnisse hinterherhinkt.” Die Länder des Südens hätten überdies gezeigt, dass man sich im Euro reformieren könne. “Der Euro übt sogar einen gewissen Zwang zu Reformen aus.”
Chrupalla hatte am Sonntag im Format “Fragselbst” des ARD-Hauptstadtstudios erklärt: “Insgesamt müssen sich die Staaten zusammenschließen, was eine Währung angeht, die auch wirtschaftlich stark sind.” Zur Begründung sagte er, es könne nicht sein, “dass wir die südlichen Staaten permanent stützen, auch was die Währung angeht, weil im Endeffekt wird unser Wachstum und unsere Wirtschaftskraft mit hinuntergezogen von südlichen Ländern wie Spanien, Portugal oder Italien”. Chrupalla betonte, ein neuer Euro sei “kein ganz neues Konzept”. “Es wäre eine Variante, bei der man zwischen Süd und Nord unterscheiden muss.”
Der Ökonom Marcel Fratzscher attestierte der AfD Inkompetenz in Europa-Fragen. “Einige Behauptungen Chrupallas sind falsch, zumal Deutschland nach Einführung des Euros einer der ersten Länder war, die sich nicht an die Regeln gehalten haben und auch heute nicht alle Regeln erfüllt”, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Fratzscher betonte zudem, dass Deutschland aufgrund der großen Bedeutung seiner Exporte viel stärker vom Euro abhängig sei als die meisten anderen europäischen Länder. “Deutschland ist genauso wie alle anderen ein großer Gewinner der gemeinsamen Währung, ohne die es viele gute Arbeitsplätze in Deutschland heute nicht gäbe und der Wohlstand deutlich geringer wäre”, sagte er.
dts Nachrichtenagentur