Lufthansa-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley kritisiert die deutsche Energie- und Industriepolitik der vergangenen Jahre scharf und fordert einen radikalen Neustart ohne Tabus.
“Es hat keinen Sinn, an traditionellen Industrien festzuhalten, wenn wir sie perspektivisch nicht wettbewerbsfähig beitreiben können. Das gilt auch für Ikonen der deutschen Industriegeschichte”, sagte Kley dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland”. “Die Commodity Stahl kommt schon lange nicht mehr aus Deutschland oder Europa. Ob wir aus strategischen Gründen Spezial-Stahl in jedem Land oder europäisch produzieren, ist eine Ansichtsfrage; ich persönlich bin für eine europäische Lösung”, so Kley weiter.
In der Energiepolitik forderte er mehr Offenheit für Technologien wie Kernkraft, Fracking und CCS. “Ich halte es für wichtig, dass wir an der technologischen Weiterentwicklung der Kernkraft dran bleiben”, so Kley. Er fügte hinzu: “Wie können wir es heute wagen zu behaupten, dass die Forschung die aktuellen Probleme der Kernenergie künftig nicht lösen kann.”
Beim Thema Fracking merkte er an, dass Deutschland in großem Stil Erdgas importiere, das in den USA im Fracking-Verfahren unter schlechteren Umweltbedingungen gewonnen werde, als es bei uns erlaubt wäre. “Ich finde das scheinheilig. Ich plädiere daher entschieden dafür, diese Option bei uns nicht völlig auszuschließen.” Zudem sei generell die Nutzung von Erdgas keine Übergangslösung nur bis 2030. Gaskraftwerke würden bis mindestens 2050 benötigt. Deshalb mache es Sinn, deren CO2-Emissionen mit der sogenannten CCS-Technologie abzuscheiden und zu speichern. “Ausschließeritis hilft nicht weiter”, so Kley.
Ferner fordert er mehr Ehrlichkeit in der Debatte um Energiepreise. “Wir alle müssen uns für einige Zeit auf höhere Energiekosten einstellen. Die Politik muss das einerseits hinreichend transparent kommunizieren, zum anderen über Instrumente zur Abfederung der Preisschocks nachdenken.” Und: “Wir werden das alles nur finanzieren können, wenn unsere Industrie wettbewerbsfähig bleibt. Das ist mindestens genauso wichtig wie die soziale Frage.”
dts Nachrichtenagentur