In einem Brief an den SPD-Vorstand beklagen prominente Historiker und Sozialdemokraten um Heinrich August Winkler schwere Fehler der Parteiführung im Umgang mit dem Ukraine-Krieg. “Die Kommunikation des Kanzlers, der Partei- und der Fraktionsspitzen in Fragen von Waffenlieferungen wird in der Öffentlichkeit zu Recht scharf kritisiert”, heißt es in dem Schreiben, über welches das Nachrichtenmagazin Focus berichtet.
Argumente und Begründungen seien immer wieder “willkürlich, erratisch und nicht selten faktisch falsch”. Die Geschichtswissenschaftler sehen ihre Parteiführung auf einem grundsätzlich falschen Kurs: “Es ist nicht hilfreich, öffentlich und noch dazu unabgestimmt zu erklären, was Deutschland auf keinen Fall zur Unterstützung der Ukraine tun werde”, schreiben sie.
Zuvor hatte Kanzler Olaf Scholz die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus ausgeschlossen und sich gegen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gestellt, der westliche Bodentruppen in der Ukraine nicht ausschließt. Mit ihrer Politik spiele die SPD “Russland in die Hände”, kritisieren die Autoren. Dass Fraktionschef Rolf Mützenich von “Einfrieren” des Kriegs spricht, sei “besonders fatal”.
Die “unter dem Schlagwort Friedenspartei” verfolgte Politik ignoriere das Geschehen in den russisch besetzten Gebieten und Moskaus Drohungen, “weitere europäische Länder anzugreifen”. Risiken würden nicht durch Zurückhaltung minimiert, stattdessen steige die Eskalationsgefahr, “wenn Putin keine Grenzen gesetzt werden”, schreiben die Historiker, die ihrer Partei “Realitätsverweigerung” attestieren.
Seit Wochen streiten führende Sozialdemokraten über den richtigen Kurs in der Ukraine-Politik, dabei hatten insbesondere die Äußerungen Mützenichs die Koalitionspartner FDP und Grüne erzürnt. Die Historiker um Winkler kritisieren als besonders problematisch “ausgesprochen wissenschaftsfeindliche Aussagen und abwertende Äußerungen” aus der SPD über Experten im Bereich Militär und Osteuropa. So würden der Kanzler und andere SPD-Politiker “diese wertvollen Wissensressourcen” ignorieren.
dts Nachrichtenagentur