Vor dem Start des SPD-Bundesparteitags in Berlin fordern die Jusos einen neuen Regierungsstil von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). “Es ist schon jetzt eine extrem unglückliche Situation für die SPD, dass der Kanzler und die anderen Ampel-Spitzen seit Wochen keine Einigung beim Haushalt erzielen konnten”, sagte Juso-Chef Philipp Türmer der “Rheinischen Post” (Freitagsausgabe).
“Die Koalition gibt den Eindruck eines zerstrittenen Haufens ab. Wir Jusos haben die klare Erwartung an den Kanzler, dass er beim Parteitag endlich den Schalter umlegt”, sagte Türmer. “Olaf Scholz darf nicht mehr nur Moderator sein, er muss für sozialdemokratische Prinzipien einstehen und dafür in der Koalition kämpfen.” Der Juso-Chef weiter: “Bei den FDP-Vorschlägen nach Einsparungen im Sozialstaat erwarten wir als gesamte Partei, dass Olaf Scholz klare Kante gegenüber diesen neoliberalen Scheinlösungen zeigt und sie ablehnt.”
Türmer zog in dem Zusammenhang rote Linien. “Weder dürfen Bürgergeld-Anpassungen, die Rente mit 63 oder andere Errungenschaften der SPD geopfert werden für den Schuldenbremsen-Fetisch von Christian Lindner. Stattdessen muss der Mindestlohn auf 15 Euro steigen”, sagte er. Der Juso-Chef übte generelle Kritik an der Bundesregierung unter Führung des SPD-Kanzlers.
“Die Leistung der Ampel in der ersten Halbzeit war bescheiden. Olaf Scholz sichert sich den Rückhalt seiner Partei, wenn er jetzt einen klaren sozialdemokratischen Kurs einschlägt, der bislang in der Ampel gefehlt hat. Das erwarten wir aber auch von ihm”, sagte Türmer. Kritik am Kanzler kam unterdessen auch von dem langjährigen SPD-Abgeordneten Axel Schäfer: “Das Kämpferische fehlt Olaf”, sagte er dem “Spiegel”.
Dabei könne Scholz das eigentlich. “Das merkt man, wenn er bei seinen Regierungserklärungen das Manuskript weglegt. Dann werden seine Reden auch mal richtig emotional.” In der aktuellen Haushaltskrise plädiert Schäfer für eine klare Kommunikation des Kanzlers: “Olaf Scholz müsste eine Rede an die Nation halten, die den Menschen Zuversicht gibt und sie in diesen unübersichtlichen Zeiten mitnimmt”.
Er könnte die Menschen auch stärker auf einer persönlichen Ebene ansprechen. “Aber Olaf Scholz ist ein eher schüchterner Mensch.” Schäfer sagte aber auch, dass Scholz auch vieles richtig gemacht habe: “Das Bild, das von Scholz gezeichnet wird, ist teilweise auch ungerecht.” Scholz habe in zwei Jahren mehr in Europa geleistet als je ein Kanzler vor ihm.
“Was die Europäische Union angeht, ist er the last man standing: der letzte Regierungschef eines großen EU-Landes, das die europäische Idee mit voller Überzeugung vertritt und Koalitionspartner hinter sich hat, die das genauso sehen.”
dts Nachrichtenagentur