Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler hat die Ampel-Fraktionen im Zuge der geplanten Cannabis-Legalisierung kritisiert. “Man hätte erst die Modellprojekte umsetzen und beobachten sollen, was sich gesundheitspolitisch und kriminalpolitisch ändert”, sagte Fiedler der “Welt” (Mittwochausgabe).
“Stattdessen wollten aber viele in der Ampel schnelle Ergebnisse, um die im Internet laut rufenden Kiffer zu befriedigen.” Man habe “das Klientel der Cannabis-Lobby” bedienen wollen, so der SPD-Politiker. “Wir verantworten aber im Deutschen Bundestag die Regeln für das Zusammenleben aller Menschen in Deutschland und müssen dabei auch die Sicherheit und Kriminalitätsentwicklungen im Blick haben.” Es gehe um “fundamentale inhaltliche Probleme mit dem Gesetz”, die er auch schon mehrfach öffentlich vorgetragen habe, so Fiedler.
“Die präsentierte Einigung hat weder irgendetwas mit dem Koalitionsvertrag noch mit dem SPD-Wahlprogramm zu tun.” Eigentlich sollte das Gesetz eine lizenzierte Abgabe von Cannabis in Fachgeschäften und die Legalisierung der gesamten Lieferketten schaffen. Stattdessen stehe nun der Eigenanbau zu Hause im Fokus. “Ein Vorhaben, das ich komplett ablehne. Sie dürfen ja auch keinen Schnaps zu Hause brennen, beim Alkohol gelten zu Recht restriktive Vorgaben”, sagte er.
“Erlaubt wäre es für alle Erwachsenen. Wenn aber nun künftig nur ein Prozent aller deutschen Haushalte Cannabis anbaut und jeder nach aktuellem Stand 50 Gramm zu Hause hat, wären wir bei 20 Tonnen, die unkontrolliert im Markt sind. Der Eigenanbau muss dringend aus dem Gesetz gestrichen werden”, so Fiedler.
Die organisierte Kriminalität werde durch das Gesetz nicht eingedämmt. “Die Mafia wird nicht zum Arbeitsamt gehen oder eine Kfz-Werkstatt aufmachen, sondern den Stoff weiter anbieten – und zwar vor allem Kindern und Jugendlichen, für die Cannabis weiterhin illegal bleibt”, sagte Fiedler. Außerdem bestünde seiner Ansicht nach die Gefahr, dass die Mafia ihr Geschäft mit anderen Stoffen wie Fentanyl und Crack verstärken könnte. “Die Cannabis-Legalisierung würde die organisierte Kriminalität um keinen Cent ärmer machen oder sie schwächen.”
In manchen Bereichen hätte sie sogar Vorteile, so der Innenpolitiker. Denn künftig solle jeder 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum dabeihaben dürfen. “Es ist zwar richtig, Konsumierende nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen. Aber da circa ein halbes Gramm für einen Joint reicht, wären 25 Gramm etwa 50 Joints.”
Es sei nicht erklärbar, warum man so viel mit sich tragen dürfe, wenn man nur Konsument sei. “Das führt zu einer exzellenten Vertriebssituation für Kleindealer und die organisierte Kriminalität. Die Dealer können dann völlig gefahrlos viel Stoff mit sich rumtragen und dürfen sich nur im Moment der Übergabe nicht erwischen lassen.” Die SPD-Fraktion werde nun intern in die Beratungen einsteigen.
“Wenn das Gesetz unverändert so bliebe, würde ich mit Nein stimmen. Das ist für mich eine Gewissensentscheidung. Ich kann mit meiner beruflichen Vita keine Entscheidung verantworten, die gegen jede kriminalpolitische Vernunft spricht”, sagte Fiedler, der bis 2021 Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter war.
dts Nachrichtenagentur